Ins Leben zurückkehren

Ins Leben zurückkehren – aus dem Depressions-Ratgeber: Wenn das Leben zur Last wird.

Ins Leben zurückkehren
© Holly Mandarich, unsplash.com

Kapitel 5 Ratgeber Depression

Ins Leben zurückkehren heißt aktiv werden. Eine Depression beeinträchtigt alle Bereiche Ihres Lebens: Ihre Gefühle, Ihr Denken, Ihr Handeln, Ihren Körper und Ihre Beziehungen zu anderen Menschen. Diese Bereiche beeinflussen sich gegenseitig. Wenn Sie in einem Bereich etwas ändern, dann wirkt sich das positiv auf die anderen Bereiche aus.

In einer Depression verhalten Sie sich anders als zu Zeiten, in denen es Ihnen gut geht. Sie geben vieles auf, das Sie früher gemacht haben. Wenn Sie ins Leben zurückkehren möchten, ist es wichtig, dass Sie in kleinen bewältigbaren Schritten wieder die Dinge tun, die Sie früher taten.

Wichtig zu wissen: Warten Sie nicht darauf, dass Ihnen danach ist, aktiv zu werden. Die Lust, etwas zu tun, wird zurückkehren, wenn es Ihnen besser geht. Wieder etwas aktiver werden hat einen enorm positiven Einfluss auf viele Bereiche.

Sie

  • fühlen sich besser,
  • sind weniger müde,
  • sind mehr motiviert, etwas zu tun,
  • lenken sich von Grübelgedanken ab,
  • haben den Eindruck, wieder etwas zustande zu bringen,
  • haben mehr Appetit.

"Und wenn mir alles wie ein unbezwingbarer Berg erscheint?" Wenn Sie sehr depressiv sind, dann sehen Sie jede Tätigkeit als ein unüberwindliches Hindernis an. Es gibt nur einen Weg, herauszufinden, ob Sie tatsächlich vor einem unbezwingbaren Berg stehen: Probieren Sie es aus.

Ein Anlauf reicht meist nicht. Oft braucht es einen zweiten oder dritten Anlauf. Und manchmal packt man es an einem Tag, und am anderen fehlt einem die Kraft. Was Ihnen hilft, es immer wieder zu versuchen, ist der Gedanke: "Ich probiere es und tue, was mir möglich ist. Mal klappt es, mal nicht. Hauptsache, ich probiere es."

So werden Sie aktiver

Schritt 1: Finden Sie Aktivitäten.
Es gibt 4 Bereiche, die Sie vermutlich in Ihrer Depression vernachlässigt haben:

  • persönlich belohnende Tätigkeiten
  • Ihr Äußeres
  • Verpflichtungen
  • Ihr Umfeld: Familie, Partner, Freunde

Überlegen Sie, welche kleinen Ziele Sie sich für jeden dieser vier Bereiche setzen könnten:

Persönlich belohnende Tätigkeiten: Persönlich befriedigende Tätigkeiten wieder aufzunehmen ist belohnend. Was hat Ihnen früher Spaß gemacht und was könnte Ihnen jetzt etwas Spaß machen? Musik hören, einen Spaziergang machen, sich einen Film anschauen, basteln? Tätigkeiten, die mir guttun könnten:

Ihr Äußeres, Ihr körperliches Befinden: Worauf könnten Sie wieder mehr Wert legen bezüglich Ihres Äußeren, Ihrer Körperpflege, Ihrer Kleidung? Täglich duschen, regelmäßig frühstücken, etwas Schönes anziehen, Gymnastik machen? Dinge, die ich für mich und mein Äußeres tun könnte, sind …

Verpflichtungen: Welche Verpflichtungen haben Sie vernachlässigt? Emails und Briefe beantworten, Rechnungen bezahlen, einkaufen gehen, Arzt-Therapeuten-Termine? Verpflichtungen, die ich wieder wahrnehmen könnte, sind …

Ihr Umfeld – Familie, Partner, Freunde, Bekannte: Was könnten Sie tun, um wieder mehr in Kontakt mit Ihrem Umfeld zu kommen? Jemanden anrufen, wieder zu Treffen gehen, die Sie früher besucht haben? Soziale Kontakte, die ich wieder aufnehmen könnte, sind …

Schritt 2: Setzen Sie sich realistische Ziele.
Setzen Sie sich für jede Aktivität ein realistisches Ziel für die nächsten 7 Tage. Wichtig ist: Überforderung vermeiden. Sie sind krank und müssen Ihre Aktivitäten Ihrem Gesundheitszustand anpassen. Sie müssen erst herausfinden, was Ihnen möglich ist. Sie sind nicht voll belastbar. Sie brauchen öfter als früher Pausen. Ihre Aktivitäten sollten Ihrer eingeschränkten Belastbarkeit angepasst sein. Was heißt das? Statt ein ganzes Zimmer putzen wollen, mit einer Ecke beginnen. Statt die ganze Wohnung abstauben, nur ein Zimmer oder eine Ecke. Statt zu einem geselligen Treffen gehen, einen Freund anrufen und einige Minuten mit ihm sprechen. Statt das ganze dreckige Geschirr abspülen, sich nur 3 Teller vornehmen. Danach schauen, ob Sie eine Pause machen oder weitermachen möchten.

Sagen Sie sich: "Ich mache, soviel ich kann. Morgen ist auch ein Tag. Ich werde sehen, wie weit ich komme. Wenn ich erschöpft bin, gestatte ich mir, mich auszuruhen." Vermutlich werden Sie sich oft bei Gedanken ertappen wie: "Nicht mal das schaffst du noch. Du bist zu nichts mehr zu gebrauchen. Andere machen das problemlos." Wieder hat Ihre Depression Ihnen einen Streich gespielt. Sie sind krank. Sie können nicht, wie Sie wollen. Sie sind, wie bei einer Grippe, geschwächt und deshalb nicht in der Lage, wie ein Gesunder zu handeln. Nehmen Sie Rücksicht auf Ihre angeschlagene körperliche und seelische Verfassung. Sie sind nicht voll belastbar.

Achten Sie auf Gedanken wie: "Früher habe ich viel mehr gemacht. Das ist doch nichts Besonderes. Früher habe ich das mit links gemacht. Selbst so kleine Sachen überfordern mich. Ich sollte mich mehr zusammenreißen. Ich sollte mich nicht so gehen lassen." Es mag sein, dass Sie früher mehr mit größerer Leichtigkeit bewältigt haben. Aber früher waren Sie gesund. Zur Zeit sind Sie depressiv, und mit einer schlechten körperlichen und seelischen Verfassung kann man nicht wie ein Gesunder handeln.

Mit vierzig Grad Fieber und einer Grippe würden Sie auch nicht von sich erwarten, tatenhungrig und unternehmungslustig zu sein. Sie würden auf Ihre angeschlagene Gesundheit Rücksicht nehmen. Sie würden akzeptieren, dass es Ihnen unmöglich ist, das zu tun, wozu Sie als Gesunder in der Lage sind. Warum nicht bei Ihrer Depression so verfahren? Nehmen Sie Rücksicht auf Ihren momentanen schlechten gesundheitlichen Zustand und tun, was Ihnen möglich ist – so wenig das auch sein mag. Gemessen an Ihrer momentanen Verfassung ist jede noch so kleine Aktivität eine besondere und lobenswerte Leistung. Sind Sie bereit, das auch so zu sehen?

Gut zu wissen: Sie werden wieder so viel leisten können wie früher, wenn es Ihnen besser geht. Bis dahin haben Sie bitte mit sich Geduld. Zu Beginn bereiten viele Tätigkeiten kein Vergnügen.

Im Gegenteil: Sie werden diese als unbefriedigend, sinnlos und mühsam erleben. Vergnügen und Befriedigung bereiten diese Ihnen erst nach einiger Zeit, wenn Ihre depressive Stimmung aufgehellt ist. "Ich verdiene es nicht, dass es mir gut geht." Ging Ihnen dieser Gedanke durch den Kopf? Ob es einem gut geht oder nicht, ist keine Frage, ob man das verdient hat. Sie müssen nichts leisten oder Großartiges vollbringen, um sich gut fühlen zu dürfen. Um Frust zu vermeiden, achten Sie bei der Planung Ihrer Tätigkeiten auf drei Dinge:

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Weitere Leseproben

Einleitung

Erste-Hilfe-Strategien

Ursachen von Depressionen

Gebrauchsanleitung für Gefühle

Häufige depressiv machende Gedanken

Selbstachtung stärken

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