Schließe Frieden mit deinen Eltern

Meidest du den Kontakt zu deinen Eltern, weil du ihnen nicht verzeihen kannst? Dann kann es wichtig sein, mit deinen Eltern Frieden zu schließen und dich mit ihnen auszusöhnen.

Schließe Frieden mit deinen Eltern
© Chokniti, Adobe Stock

Zwischen Eltern und Kindern kann es in der Jugend zu vielen Konflikten kommen, die es später den erwachsenen Kindern schwer machen, sich mit den Eltern auszusöhnen. Wie kannst du deiner Mutter oder deinem Vater verzeihen und vergeben? Wie ist das Verhältnis zu deinen Eltern? Bist du gerne mit ihnen zusammen oder hältst du Abstand? Oder hast du den Kontakt zu deinen Eltern völlig abgebrochen?

Wie entsteht ein schwieriges Verhältnis zu den Eltern?

Viele erwachsene Kinder haben ein gestörtes Verhältnis zu ihren Eltern, weil sie vielleicht viele seelische Verletzungen in der Kindheit haben hinnehmen müssen oder weil die Eltern sie immer noch bevormunden oder ihnen durch Schuldgefühle Druck machen.

Andererseits sind Eltern die wichtigsten Bezugspersonen in unserem Leben und in der Regel haben wir ihnen viel zu verdanken. Mit ihnen Frieden zu schließen und sich mit ihnen auszusöhnen kann nicht nur für unsere Beziehung zu ihnen wichtig sein, sondern auch für unser eigenes Seelenheil und Zusammenleben mit anderen Menschen.

Der Ablösungsprozess von den Eltern

Auf dem Weg von unserer Kindheit zum erwachsenen Menschen durchlaufen wir gewöhnlich drei Phasen. Dadurch verändert sich auch das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern im Laufe des Lebens.

Phase 1: Kind

Wenn wir klein sind, sind die Eltern für uns alles. Sie wissen alles, können alles und wir bewundern sie maßlos. Wir ahmen sie nach und verteidigen sie anderen gegenüber. Mit zunehmender Reife holen wir unsere Eltern dann langsam vom Podest. Wir entdecken, dass sie nicht alles wissen, Fehler machen und uns manchmal auch etwas vormachen.

Phase 2: Junge Erwachsene

In der Pubertät sind die Eltern für uns schließlich die letzten Versager:innen, unsere Feindinnen und/oder Feinde, die uns nur Schlechtes wollen. Wir können kein Quäntchen Positives an ihnen erkennen und glauben, alles besser zu wissen.

Phase 3: Erwachsene

Als Erwachsene gelangen wir schließlich, wenn es ideal läuft, an den Punkt, an dem wir:

  • unsere Eltern sehen, wie sie sind.
  • sowohl ihre Stärken als auch Schwächen kennen.
  • verstehen, weshalb sie so sind und sich uns gegenüber so verhalten (haben).
  • ihnen ihre Fehler verzeihen und sie als Menschen ansehen, die wie alle Menschen ihre Fehler und Schwächen haben.

Wir gelangen zu einer gleichberechtigten Beziehung, in der keiner den anderen grundsätzlich schlecht machen, verurteilen oder bevormunden muss, in der keiner den anderen für ihr oder sein körperliches und seelisches Überleben benötigt.

Manchmal folgt auch noch eine 4. Phase, in der wir bei unseren Eltern die Rolle eines Elternteiles übernehmen, wenn die Eltern z. B. pflegebedürftig werden. Der Weg bis zur 3. Phase ist manchmal sehr dornig und schwierig. Manche Menschen verharren ihr Leben lang in der 2. Phase. Sie machen ihren Eltern Vorwürfe, dass sie in der Erziehung alles falsch gemacht haben und deshalb ihr Leben nun verpfuscht sei. Insbesondere wenn sie in ihrer Kindheit eine oder mehrere traumatische Erfahrungen gemacht haben, körperlich oder seelisch von ihren Eltern misshandelt oder missbraucht wurden, sehen manche keinen Weg, sich auf ihre Eltern zuzubewegen und sie zu akzeptieren, wie sie sind. Andere verharren in der 1. Phase und schaffen es nicht, nach ihren eigenen Vorstellungen zu leben. Sie erfüllen die Berufswünsche ihrer Eltern oder leben nach deren Wertvorstellungen und Vorgaben.

Wer zur 3. Phase gelangen möchte, muss sich mit seinen Eltern auseinandersetzen und mit ihnen Frieden schließen. Sie oder er muss:

  • überprüfen, ob das, was sie oder er von der Kindheit in Erinnerung hat, richtig wahrgenommen und bewertet wurde.
  • die damalige Sichtweise der Eltern kennenlernen.
  • Gefühle wie Ärger und Enttäuschung ausdrücken.
  • die Regeln der Eltern überprüfen und eigene Regeln entwickeln.

Kommunikation zwischen Eltern und Kindern

Das Gespräch mit den Eltern ist sehr wichtig, um die Wurzeln vieler unserer Verhaltensweisen und Gefühlsreaktionen zu verstehen. Viele Verhaltensweisen und Einstellungen haben wir uns von den Eltern abgeschaut. Vieles haben wir aus Angst vor Ablehnung gegen unseren Willen gemacht. Vieles haben wir aus Angst vor Schuldgefühlen und einem schlechten Gewissen gegen unseren Willen gemacht. Also sowohl Anpassung als auch Rebellion können ein Zeichen von Unfreiheit sein. Erst wenn wir die 3. Phase erreicht haben, können wir frei entscheiden, ein Gefühl der Liebe entwickeln, unsere Eltern gerne besuchen oder gar liebevoll pflegen.

Warum ist es oft schwer, mit den Eltern zu reden?

Wenn wir uns mit unseren Eltern unterhalten wollen, können sowohl von unserer Seite als auch auf der Seite der Eltern Fehler passieren.

Wir können folgendes ungeeignetes Verhalten zeigen:

  • Wir greifen unsere Eltern an und wollen sie kleinmachen.
  • Wir erwarten von unseren Eltern ein Schuldeingeständnis, wenn wir sie auf ihre Fehler ansprechen.
  • Wir führen unser Gespräch nicht als Erwachsene, sondern rutschen in die Rolle des Kindes ab. Beispielsweise werden wir trotzig, beginnen zu schmollen, reagieren mit Protest, oder geben nach und machen uns klein.
  • Wir erwarten von unseren Eltern, dass sie sich völlig anders verhalten als in der Vergangenheit. Wir erwarten beispielsweise, dass sie uns loben, Liebe zeigen und stolz auf uns sind. Das ist jedoch unrealistisch, denn dazu müssten sie sich grundsätzlich ändern.

Nach dem Psychotherapeuten Bloomfield sind bei einem Gespräch mit einem Elternteil immer vier Personen anwesend:

  1. unsere Vorstellung der Eltern davon, wie sie sein sollten
  2. wie die Eltern tatsächlich sind
  3. die Vorstellung der Eltern davon, wie wir sein sollten
  4. wie wir tatsächlich sind

Unsere Eltern könnten ungeeignetes Verhalten zeigen:

  • wenn sie sich angegriffen fühlen, obwohl wir sie nicht angreifen wollen. Die Folge ist, dass sie sich rechtfertigen, verteidigen und uns Vorwürfe machen. Eine andere Möglichkeit ist, dass sie sich übertriebene Schuldgefühle machen und einreden, alles verkehrt gemacht zu haben.
  • wenn sie auf ihrem Standpunkt beharren, uns nicht zuhören und sich nicht bemühen, unsere Sichtweise nachzuvollziehen und uns zu verstehen.
  • wenn sie ein Gespräch aus Angst vor Vorwürfen vermeiden.

Was passiert, wenn wir keinen Frieden mit den Eltern schließen?

Wenn wir den Eltern nicht vergeben, dann werden wir:

  • in unserer Partnerschaft ähnliche Verhaltensmuster wie die den Eltern gegenüber zeigen. Wir sind z.B. brav und angepasst, aber rebellieren innerlich; oder wir lehnen uns selbst ab, weil wir uns von den Eltern abgelehnt fühlten; oder wir trauen uns nichts zu, weil die Eltern uns für Versager:innen hielten; oder wir fühlen uns bevormundet, kritisiert und ausgeliefert, weil wir das auch von unseren Eltern erlebten; oder aber wir misstrauen anderen, weil wir unseren Eltern nicht vertrauen können; oder aber wir rasten aus und schlagen die Partnerin oder den Partner, weil wir von unseren Eltern geschlagen wurden.
  • Partner:innen attraktiv finden, die den Eltern ähnlich sind, oder nach Menschen Ausschau halten, die vollkommen anders sind.
  • möglicherweise aus Angst vor schlechten Erfahrungen überhaupt keine Partnerschaft eingehen.
  • uns unseren Kindern gegenüber ähnlich wie die Eltern verhalten oder uns bemühen, genau das Gegenteil davon zu tun.
  • nicht tun, was wir tun möchten, aus Angst, abgelehnt zu werden.
  • uns nicht akzeptieren können, weil wir uns von unseren Eltern nicht akzeptiert fühlen.
  • uns schwertun, uns Fehler zu verzeihen.
  • uns schwertun, mit Autoritätspersonen umzugehen.
  • perfektionistische Forderungen an uns stellen oder in eine Sucht abgleiten.
  • uns für unsere Eltern schämen.
  • den Eltern die Schuld an unserem verkorksten Leben und unseren schmerzvollen Gefühlen geben.
  • uns Vorwürfe machen, wenn sie gestorben sind und es zu spät für ein versöhnendes Gespräch ist.

All das muss nicht unbedingt passieren, aber die Chancen dafür sind groß. Auch wenn deine Eltern gestorben sind, kannst du noch Frieden mit ihnen schließen und ihnen vergeben. In deinem Innern leben deine Eltern weiter und haben noch Einfluss auf deine Gefühle und dein Verhalten.

Wichtig zu wissen:

Wenn wir Frieden mit unseren Eltern schließen, bedeutet das nicht, dass wir gutheißen, was sie uns "angetan haben" und ihnen quasi einen Freifahrtschein ausstellen. Frieden schließen tun wir unseretwegen, nicht der Eltern wegen. Wir wollen uns von einer schweren seelischen Last befreien und uns nicht auch heute noch damit bestrafen, dass wir uns nur mit unserer schlechten Kindheit beschäftigen und unsere Eltern hassen.

Mit der Vergangenheit Frieden zu schließen muss nicht unbedingt bedeuten, dass wir unseren Eltern verzeihen. Es kann auch bedeuten, dass wir die Vergangenheit so akzeptieren, wie sie für uns war, und sie ruhen lassen. Es kann bedeuten, dass wir den Eltern keine Vorwürfe mehr machen, sondern akzeptieren, dass unsere Eltern sich nicht wie gute Eltern verhalten haben und uns nicht das gegeben haben, was für uns als Kinder förderlich und zur gesunden Entwicklung erforderlich gewesen wäre. Es kann bedeuten, dass wir akzeptieren, dass unsere Eltern sich aufgrund ihrer eigenen Lebensgeschichte oder eigener seelischer Probleme nicht anders verhalten konnten.

Frieden schließen bedeutet nicht unbedingt, dass wir wieder Kontakt zu unseren Eltern aufnehmen und uns mit ihnen aussprechen müssen. Dieser Prozess kann ganz allein in unserem Innern erfolgen. Frieden schließen heißt auch nicht unbedingt, dass wir hierzu ein Schuldeingeständnis unserer Eltern benötigen.

8 Tipps, wie es gelingt, mit den Eltern Frieden zu schließen

Die meisten von uns haben in der Kindheit nicht nur positive Erfahrungen mit ihren Eltern gemacht. Es liegt in der Natur der Erziehung, dass Eltern uns manche unserer kindlichen Bedürfnisse nicht erfüllen und wir infolgedessen enttäuscht sind. Manche Verhaltensweise unserer Eltern können wir aus unserer kindlichen Sicht auch nicht oder nur falsch verstehen.

Und so ist es sinnvoll, aus der Sicht der erwachsenen Person unsere gesammelten Erfahrungen nochmals anzuschauen und zu prüfen, ob wir sie noch genauso wie als Kind bewerten. Die folgenden Tipps können dir Anregungen geben, wie du Wut, Enttäuschung und Kränkungsgefühle, die du deinen Eltern gegenüber empfindest, abbauen kannst.

Wenn du schwere seelische und/oder körperliche Verletzungen in der Kindheit erlebt hast und diese dein gesamtes heutiges Leben überschatten, bist du vielleicht zu dem Schluss gekommen, das Verhalten deiner Eltern niemals akzeptieren oder verzeihen zu können. Dann könnte es bereits ein großer Schritt für dich sein, zu akzeptieren, dass du genau diese Menschen, die deine Erzeuger:innen sind, als Eltern hattest – unabhängig davon, ob du in der Lage warst oder bist, dir das zu geben, was du benötigst.

Tipp 1: Nimm die Kindheit deiner Eltern unter die Lupe

In der Kindheit deiner Eltern findest du höchstwahrscheinlich die Antwort auf deine Frage, warum deine Eltern sich dir gegenüber so lieblos, gleichgültig oder verletzend verhalten haben. Wurden deine Eltern nicht von ihren Eltern geliebt, so taten sie sich ebenfalls schwer, Liebe zu geben. Wurden sie durch Verbote, häufige Kritik, Liebesentzug oder Schläge erzogen, so sind die Chancen groß, dass sie diese Erziehungsstrategien auch bei dir eingesetzt haben. 

Erlebten deine Eltern in der eigenen Kindheit emotionale Erpressung durch Schuldgefühle, so reagierten sie wahrscheinlich dir gegenüber sehr empfindlich auf Vorwürfe und große Nähe. Diese Zusammenhänge können zwar das Leid nicht wiedergutmachen, was dir als Kind widerfahren ist, doch hilft dir dieses Wissen, das Verhalten deiner Eltern zu verstehen. Die Eltern sind selbst "Opfer" ihrer Eltern.

Tipp 2: Betrachte deine Eltern als Menschen und nicht als Eltern

Deine Eltern wurden nicht als Eltern geboren, sondern als ganz normale Menschen. Deine Eltern haben keine Schule besucht, in der sie lernen konnten, wie gute Eltern sich verhalten. Sie waren wahrscheinlich nicht bei einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten, um ihre eigenen Probleme zu bearbeiten, bevor sie sich für dich entschieden haben. Und vielleicht haben sie sich zum Zeitpunkt deiner Geburt sogar gar kein Kind gewünscht.

Um aber ein Kind zu lieben und mit Geduld und Zuwendung großziehen zu können, hätten deine Eltern die dazu notwendige Persönlichkeit, die Reife und das Wissen parat haben müssen.

Tipp 3: Schreibe deinen Eltern einen Brief

Wenn du großen Zorn und Verbitterung deinen Eltern gegenüber empfindest, kann es guttun, deine Gedanken und Gefühle in einem Brief auszudrücken. Schreibe dir alle Vorwürfe von der Seele – genau in den Worten, wie sie dir gerade einfallen. Führe die schmerzlichsten Situationen auf, in denen du dich als Kind allein gelassen, ungerecht behandelt, vernachlässigt oder missachtet gefühlt hast. Du kannst dir hierfür mehrere Tage Zeit lassen.

Wenn du den Eindruck hast, jetzt sei alles gesagt, dann schließe den Brief mit dem Satz: „Ich bin bereit, zu akzeptieren, dass ihr euch in meiner Kindheit in dieser Form mir gegenüber verhalten habt. Das war alles, was ihr mir geben konntet.“ Dann verbrenne diesen Brief feierlich oder zerreiße ihn und wirf ihn in kleinen Stücken in einen Bach. Stelle dir dabei vor, wie eine schwere Last von deinen Schultern abfällt und du nun innerlich frei bist.

Tipp 4: Prüfe die Erwartungen, die du als Kind an deine Eltern hattest

Als Kinder sind wir alle Egoist:innen, die von unseren Eltern erwarten, dass sie uns bedingungslos lieben, immer für uns da sind, uns jeden unserer Wünsche erfüllen, uns fair behandeln und uns auf sie verlassen können. Über Erfahrungen lernen wir dann im Laufe der Zeit, dass:

  • nicht alle unsere Wünsche erfüllt werden.
  • andere Menschen uns nicht immer lieben, auch wenn wir uns bemühen, besonders lieb zu sein.
  • andere Menschen uns enttäuschen.
  • andere Menschen uns manchmal grundlos schlecht oder ungerecht behandeln.
  • wir nicht immer die Nummer 1 für andere sind.
  • uns im Leben Dinge widerfahren, die schmerzen und uns aus dem Gleichgewicht bringen.

Als Kinder versuchen wir das, was mit uns passiert, mit unserem noch sehr beschränkten Verständnis von der Welt einzuordnen. So kann es passieren, dass wir uns nicht mehr geliebt fühlen, wenn unsere Mutter oder unser Vater sich nur noch um das neugeborene Geschwisterchen kümmert. Trennen sich unsere Eltern und ein Elternteil zieht aus, interpretieren wir das vielleicht so, dass dieses Elternteil sich nicht mehr für uns interessiert.

Deshalb macht es Sinn, die Vorwürfe, die wir unseren Eltern machen, nochmals bewusst aus der Sicht der oder des Erwachsenen anzuschauen. Vielleicht gelingt es uns auch, einmal in die Rolle unserer Eltern zu schlüpfen und deren Sichtweise besser zu verstehen. Und vielleicht finden wir auch Vorwürfe an unsere Eltern, die wir aus der erwachsener Sicht revidieren können.

Tipp 5: Behandle dich selbst so, wie du gerne von deinen Eltern behandelt werden willst

Die Verhaltensweisen deiner Eltern haben dein Verhalten in der Kindheit und auch jetzt im Erwachsenenleben geprägt. Höchstwahrscheinlich behandelst du dich selbst auch heute noch so, wie du in deiner Kindheit von deinen Eltern behandelt wurdest. So kritisierst du dich vielleicht oft und lobst dich wenig. Oder du nimmst deine Bedürfnisse nicht ernst, weil du glaubst, es nicht verdient zu haben, dass es dir gut geht.

Vielleicht stellst du auch eigene Interessen zurück, weil du um die Liebe anderer Menschen ringst. Beginne damit, für dein eigenes Wohlbefinden zu sorgen. Beginne dir die Liebe zu geben, die du dir immer von deinem Vater und deiner Mutter gewünscht hast. Dann wird auch dein Groll deinen Eltern gegenüber nachlassen und du kannst diesen leichter verzeihen. Gehe selbst genau so mit dir um, wie du mit einer guten Freundin oder einem guten Freund umgehst.

Tipp 6: Übernimm Verantwortung für dein Leben

Deine Eltern haben Einfluss darauf gehabt, wie du dich entwickelt hast, welche Erfahrungen du gemacht hast, welche Einstellungen und Verhaltensmuster du erlernt hast. Natürlich haben auch deine Geschwister, Verwandte, Freundinnen und Freunde, Eltern, Lehrer:innen oder Pfarrer:innen ihren Teil zu deiner Entwicklung beigetragen. Doch jetzt als erwachsene Person hast du immer noch die Möglichkeit, Einstellungen und Verhaltensgewohnheiten zu verändern. Solange du lernfähig bist, kannst du dich jederzeit neu entscheiden.

Deine Eltern sind nicht für deine Probleme, die du nun hast, verantwortlich – sie haben höchstens den Grundstein dafür gelegt. Du bist diejenige oder derjenige, die oder der die Einstellungen aus der Kindheit jetzt am Leben erhält. Nur du kannst es sein, die oder der diese ändert oder loslässt.

Tipp 7: Lerne dich zu akzeptieren, wie du bist

Auch wenn deine Eltern bei der Meinung bleiben sollten, dass du nicht in Ordnung bist und versagt hast, solltest wenigstens du lernen, dich selbst anzunehmen. Lenke deine Aufmerksamkeit darauf, wie du werden willst. Frage dich, was du benötigst, um dorthin zu gelangen. Dann wirst du aktiv, dich und dein Leben nach deinen Vorstellungen zu gestalten.

Tipp 8: Nimm Kontakt zu deiner Familie auf 

Prüfe, ob du dich innerlich bereit fühlst, mit deinen Eltern über deine Kindheit zu sprechen. Wichtig ist, dass du nicht mit Zorn, Rachegedanken oder um dir Schuldgefühle zu machen, in das Gespräch gehst. Für das Gespräch könnte ein neutraler Ort wie ein Restaurant oder eine Bank im Park hilfreich sein.

Ziel dabei soll es sein, mehr über deine Eltern und ihre Gedanken, Gefühle, Wünsche und Probleme zur Zeit deiner Kindheit zu erfahren. Du willst lediglich besser verstehen, was deine Eltern zu ihrem damaligen Verhalten gebracht hat und weshalb vieles in ihrer Erziehung falsch gelaufen ist. Höre ihnen lediglich zu.

Fordere nicht, dass deine Eltern ihr Fehlverhalten einsehen oder dich um Verzeihung bitten – wenngleich das dein innigster Wunsch sein mag. Wenn deine Eltern ihre Fehler einsehen und ihr Verhalten bedauern, dann ist es natürlich umso besser und für dich umso leichter, ihnen zu verzeihen. Erwarte nicht, dass deine Eltern sich noch ändern oder einsehen, falsch gehandelt zu haben. Denn sie haben ihr Leben so gelebt, wie sie dachten, dass es richtig sei.

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Beli schreibt am 09.12.2022

Hy.
Das kann ich voll und ganz zu 100% nachempfinden.
Mir geht es genauso "Es hört einfach nicht auf" schlägt den Nagel voll ins Brett.
Auch ich erkannte das nur Distanz und Konzentration auf sich selbst etwas bringen.Denn meine Eltern werden sich NIE ändern.Warum auch? Für sie hatte all das bis heute keine großartigen Konsequenzen.
Bitte schaut auf euch selbst und falls ihr immer wieder Kontakt mit euren ach so netten Eltern sucht dann fragt euch Warum eigentlich? Lg

Claude schreibt am 06.02.2023

Ja wenn es denn so einfach wäre! Ich bin von meinen Eltern 20 Jahre lang physisch und psychisch misshandelt worden. Bereits in früher Jugend bin ich in eine Depression abgeglitten (was meine Eltern natürlich nicht bemerkt haben, ich wurde von meiner Mutter noch lauthals beschimpft). Gezwungen eine Lehre zu machen, die ich nie wollte. Ich habe mein Leben lang (bin inzwischen 53) in allen Lebensbereichen (Gesundheit, Finanzen, Beziehungen, Job) die grössten Probleme und schaffe es nur mit Mühe und Not, mich durchzuschlagen.
Nie war es mir möglich eine stabile Beziehung zu führen und eine eigene Familie zu gründen, was ich sehr bedaure.
Es ist ein Überleben, aber nicht wirklich ein Leben.
Ich habe seit 5 bzw. 4 Jahren keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern, aus Selbstschutz, ich kann keine weiteren Abwertungen ertragen.
Infolgedessen hat sich auch meine Schwester von mir abgewendet (welche wohl weniger Schaden genommen hat und das Elternhaus bereits sehr früh verlassen hat und dadurch vielleicht weniger betroffen war).
Mit beiden Elternteilen habe ich versucht zu reden, erfolglos (dem Vater geht es nur darum RECHT zu haben, Mutter leugnet alles).
Ehrlich gesagt habe ich manchmal ein schlechtes Gewissen. Und finde selber nur schwer inneren Frieden, da mich dieses Thema belastet. Das wird noch angeheizt von spirituellen Kreisen, wo das Verzeihen ein MUSS ist und man sonst in der eigenen Entwicklung nicht weiterkommt.
Ich habe schon sehr viel unternommen, Therapien, Seminare, schreien, weinen, ganzen Tag auf Kissen hauen, trotzdem kann ich meinen Eltern nicht verzeihen.
Es ist mir klar, dass sie selber psychisch krank sind bzw. selber misshandelt wurden.
Für mich ist das eine Begründungen, aber keine Entschuldigung, das eigene Kind so zu behandeln.
Von meinen Eltern kommen auch gar nicht gross irgendwelche Bemühungen. Immerhin zwei Briefe von meiner Mutter, Mitleid heischend, mit wilden Vermutungen und vorwiegend Kreisen um sich selbst.
Ich sehe leider keine Lösung.


Beli schreibt am 09.12.2022

Hy.
Das kann ich voll und ganz zu 100% nachempfinden.
Mir geht es genauso "Es hört einfach nicht auf" schlägt den Nagel voll ins Brett.
Auch ich erkannte das nur Distanz und Konzentration auf sich selbst etwas bringen.Denn meine Eltern werden sich NIE ändern.Warum auch? Für sie hatte all das bis heute keine großartigen Konsequenzen.
Bitte schaut auf euch selbst und falls ihr immer wieder Kontakt mit euren ach so netten Eltern sucht dann fragt euch Warum eigentlich? Lg


Anna schreibt am 22.03.2022

Fehlt nur noch der Satz "Du sollst Deine Eltern lieben und ehren". Finde den Tonfall des Artikels nicht toll. Eltern können wirklich schlimme Dinge ihren wehrlosen Kindern antun und das oft völlig ungestraft. Jahrelange Verletzungen. Man muss nicht verzeihen und sich aussöhnen. In vielen Fällen ist es das gesündeste, toxische Menschen aus seinem Leben zu verbannen. Personen, die sich solche Artikel hier durchlesen, leiden bestimmt nicht daran, dass sie als Kind nicht immer die "Nummer 1" waren. Die haben ganz andere richtig, schlimme Probleme mit ihren Eltern. Von Vernachlässigung, Gewalt, emotionale Kälte bis Missbrauch.


Aliya schreibt am 13.04.2021

Der Beitrag war sehr hilfreich und es hat mir sehr geholfen und sogar meinen Horizont erweitert.
Allerdings brauche ich trotzdem noch etwas Zeit um mit meinen Eltern abschließen zu können, da ich immer noch die Angst habe, dass mich meine Eltern verfolgen und mir Schaden zufügen könnten.
Aber Traumata verarbeiten ist ein ganz anderes Thema.


Reinhold schreibt am 03.11.2020

Sehr geehrte Psychologen des pal Verlag. Schön lange lese ich mit Begeisterung ihre Ratschläge, sowohl als Bücher als auch den fantastischen Lebensfreude Kalender. Dieser Beitrag von Doris Wolf bringt es auch bei mir auf den Punkt und damit zugleich das Problem wie man der Mutter ( in meinem Fall) vergeben kann. Gibt es ein Buch das speziell dieses Thema behandelt? Für eine Antwort wäre ich ihnen sehr dankbar.
Bleiben sie gesund.
Reinhold


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 Wie entsteht ein schwieriges Verhältnis zu den Eltern?
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 Kommunikation zwischen Eltern und Kindern
 Warum ist es oft schwer, mit den Eltern zu reden?
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