Falsche Vorstellungen vom Schlaf loslassen

Wie viel Schlaf brauche ich? Kann ich vorschlafen? Ist der Schlaf vor Mitternacht der beste? Diese und weitere Fragen rund um das Thema Schlaf werden in diesem Beitrag beantwortet.

Falsche Vorstellungen vom Schlaf loslassen
© Konstantin Yuganov - Fotolia.com

Wie ein guter und erholsamer Schlaf aussieht, wie viel Schlaf du benötigst, um nicht krank zu werden, darüber gibt es viele falsche Vorstellungen.Im Folgenden beantworten wir häufig gestellte Fragen über den Schlaf, zeigen die größten Irrtümer auf und geben dir wertvolle Tipps, wie du besser schlafen kannst.

Wie viel Schlaf brauche ich?

Immer wieder ist zu hören, dass wir Menschen acht Stunden Schlaf pro Nacht brauchen. Gleichzeitig gibt es viele Beispiele von Menschen, die mit weniger Schlaf auskommen. Leonardo da Vinci soll nur etwa eineinhalb Stunden geschlafen haben und Napoleon Bonaparte reichten drei bis vier Stunden pro Nacht. Wieder andere behaupten von sich, unter neun Stunden sei gar nichts drin. Welches Schlafpensum ist also optimal?

Wie viel Schlaf wir brauchen, um ausgeruht in den Tag starten zu können, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Manche kommen, wie gezeigt, mit relativ wenig Schlaf aus, also sechs oder weniger Stunden, sie sind die sogenannten Kurzschläferinnen und -schläfer. Normalschläferinnen und -schläfer brauchen sieben bis acht Stunden Schlaf, Langschläferinnen und -schläfer sogar mehr Stunden. Auch wenn die Mehrzahl der Menschen etwa acht Stunden schläft, bdeutet das nicht, dass sie auch acht Stunden Schlaf brauchen, um gesund zu bleiben, oder dass es grundsätzlich gesund ist, acht Stunden zu schlafen. Zu sagen, dass jeder Mensch acht Stunden Schlaf braucht, ist daher schlichtweg falsch.

Ein Erwachsener kann auf Dauer mit etwa 5 Stunden Schlaf auskommen, ohne dass das Folgen für die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit hat.

Die Art und Weise, wann und wie lange wir schlafen, ist eine Frage der Gewohnheit, der Erziehung und der körperlichen Veranlagung. Auch die Art unserer Tätigkeit beeinflusst unseren Schlaf. Wenn du tagsüber körperlich arbeitest oder dich sportlich verausgabst, dann schläfst du in der Regel schneller ein und gelangst schneller in die Tiefschlafphase. Wenn du dagegen eher ein Kopfarbeiter bist, dann schläfst du insgesamt flacher und bist leichter aufzuwecken. Interessant ist: Wenn du zu den Kopfarbeitern gehörst, brauchst du eher etwas mehr Schlaf, während du mit weniger Schlaf auskommst, wenn du körperlich arbeitest.

Finde daher durch Selbstbeobachtung deinen eigenen Schlafbedarf heraus, statt auf die Ratschläge anderer zu hören.

Kann ich vorschlafen oder Schlaf nachholen?

Wissenschaftliche Untersuchungen kommen zu einem eindeutigen Ergebnis: Weder können wir unser Schlafpensum überfüllen, um später weniger Schlaf zu brauchen, noch können wir den Schlaf von zwei durchgefeierten Nächten nachholen. Sicher wird unser Körper ein Schlafdefizit ausgleichen, aber weniger in Form einer längeren Schlafdauer, als vielmehr in einer längeren Dauer der Tiefschlafphase. Wichtig für einen guten Schlaf ist dagegen eine Regelmäßigkeit des Tagesablaufs und Lebensstils. Ein ständiges Hin und Her zwischen zu viel und zu wenig Schlaf schadet auf Dauer unserem Körper, unserem Geist und unserer Seele.

Ist der Schlaf vor Mitternacht der beste?

Diese allgemein bekannte Behauptung fällt in den Bereich des Volksmunds. Dass der Schlaf vor Mitternacht der beste ist, ist wissenschaftlich nicht bewiesen. Wenn du es gewohnt bist, spät ins Bett zu gehen, dann schläfst du auch nach Mitternacht tief. Wichtig sind die ersten 3 Stunden, weil wir uns in dieser Zeit in der für den Körper wichtigen Tiefschlafphase befinden.

Wir schlafen, auch wenn wir den Eindruck haben, nicht zu schlafen

Wenn wir schlafen, heißt das nicht, dass auch unser Körper und unser Gehirn untätig ist und abschaltet. Im Gegenteil: Je nach Schlaftiefe und Nachtzeit sind unsere Muskeln, unsere Organe, aber auch unser Geist sehr aktiv. So reagieren unsere Sinne im leichten Schlaf (Stufe 1 und 2) noch sehr empfindlich auf Geräusche, mit der Folge, dass wir leicht aufwachen. Selbst wenn wir ganz tief schlafen (Stufe 3 und 4), sind unsere Sinnesorgane nicht völlig abgeschaltet.

In den beiden Schlaftiefen 1 und 2 gehen wir gedanklich sehr häufig Alltagsproblemen nach, wir beschäftigen uns im Schlaf mit Dingen, die uns belasten. Diese Gedanken nehmen wir im Schlaf wahr, als ob wir wach wären. So haben wir fälschlicherweise den Eindruck, nicht zu schlafen, weil wir meinen, wir würden nur im Wachsein bemerken, wenn wir unseren Gedanken nachgehen. Dieses Phänomen erklärt, warum viele Menschen mit Schlafproblemen überzeugt sind, sie hätten die ganze Nacht kein Auge zugetan oder eine Ewigkeit gebraucht, um einzuschlafen. Sie erinnern sich daran, gegrübelt und Alltagsproblemen nachgegangen zu sein, und schließen daraus, nicht geschlafen zu haben, bzw. lange gebraucht zu haben, bis sie einschliefen.

Untersuchungen im Schlaflabor aber belegen, dass Menschen mit Schlafstörungen sechs und mehr Stunden geschlafen haben, obwohl sie selbst angeben, nur vier oder fünf Stunden geschlafen zu haben.

Etwa fünfzig Prozent des gesamten Schlafes schlafen wir nur leicht. Wenn du Schlafmittel nimmst oder über fünfzig Jahre alt bist, dann nimmt der Anteil deiner Leichtschlafphasen sogar noch zu. Es ist also nicht verwunderlich, wenn du den Eindruck hast, die halbe Nacht wach gelegen zu sein, weil du in den Leichtschlafphasen Probleme gewälzt hast oder deinen Gedanken nachgegangen bist. Tatsächlich aber ist das ein Trugschluss: Du hast geschlafen.

Du schläfst tatsächlich mehr, als du es subjektiv empfindest. Das ist doch eine gute Nachricht, oder?

Bist du ein Nachtmensch oder ein Morgenmensch, eine Eule oder Lerche?

Wir Menschen unterscheiden uns nicht nur hinsichtlich der Menge des Schlafes, die wir brauchen, um uns fit und ausgeruht zu fühlen, sondern auch hinsichtlich der Tageszeiten, in denen wir uns am leistungsfähigsten und aktivsten fühlen.

Da gibt es die Morgenmuffel, die nach dem Aufstehen lange brauchen, um in Fahrt zu kommen, dafür abends dafür zu Höchstleistung auflaufen, "ein Fass aufmachen" oder "um die Häuser ziehen" können. Demgegenüber sind die Morgenmenschen nach dem Aufstehen voll da, aktiv und leistungsfähig, leben am Abend aber eher auf Sparflamme oder gehen mit den Hühnern ins Bett.

Dieses unterschiedliche Aktivitätsniveau zu den verschiedenen Tageszeiten scheint bei den meisten Menschen angeboren zu sein, wenngleich auch Einstellungen eine sehr wichtige Rolle spielen können. Und unser Einstellungen können wir selbst steuern. Nicht selten wachen Morgenmuffel mit der Einstellung auf: "Mein Gott, schon wieder ein neuer Tag!" Sie sehen dem Tag mit Entsetzen entgegen und erwarten vielleicht wenig Schönes. Dagegen freuen sich die meisten Morgenmenschen auf den neuen Tag. Sie können es kaum erwarten, sich seinen Herausforderungen zu stellen.

Gehörst du zu denjenigen Menschen, die jeden neuen Tag mit Spannung und voll positiver Gefühle erwarten, oder siehst du jedem neuen Tag eher mit Grausen entgegen und würdest dir morgens am liebsten die Bettdecke über den Kopf ziehen und dich verkriechen? Wenn du zu den Ersteren gehören, dann springst du energiegeladen und voller Tatendrang aus den Federn. Gehörst du zu den Letzteren, dann hast du das Gefühl, dein Körper sei schwer wie Blei, und musst dich zwingen, aufzustehen.

Deine Einstellung gegenüber dem Leben im Allgemeinen und dem nächsten Tag im Besonderen haben einen Einfluss darauf, wie energiegeladen du morgens aufwachst und dich fühlst.

Deine Schlafdauer und -qualität wird immer vom seelischen Befinden beeinflusst

Welchen Einfluss deine Erwartungen an den nächsten Tag auf deinen Schlaf haben, kannst du auch an folgendem kleinen Beispiel erkennen: Hast du schon einmal voller Spannung auf den nächsten Tag geblickt, weil du etwas sehr Positives und Spannendes erwartet hast? Vielleicht war es der Tag, an dem du befördert wurdest oder du du hast ein schönes Geschenk erwartet. Wie auch immer. In diesen Nächten konntest du es wahrscheinlich kaum erwarten, bis es Morgen war, und du bist energiegeladen und guter Dinge aufgestanden. Die Anreize von außen waren zu groß und zu positiv, um im Bett liegen zu bleiben. Doch die Motivation, die den Anreizen folgt, entsteht immer in dir selbst. Sie wächst aus deinen positiven Einstellungen und deinen Gedanken, also deinem positiven seelischen Befinden.

Menschen, die sich in einer Hochstimmung befinden und guter Dinge sind, schlafen im Allgemeinen weniger als Menschen, die seelische Probleme haben. Wenn du Probleme mit dem Ein- oder Durchschlafen hast, ist es immer wichtig zunächst festzustellen, ob wirklich eine ernstzunehmende Schlafstörung bei dir vorliegt. Mache dazu den Schlafstörung Test

Falls nicht, dann stell dir die Frage: Wie gestalte ich meinen Alltag anders und interessanter, so, dass ich am Abend glücklich und erschöpft in den Schlaf fallen und am Morgen voller Tatendrang aufstehen kann? Und dann setze es in die Tat um!

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Zirngibl Johann schreibt am 03.02.2020

ich schlafe manchmal kurz 4 -5 Stunden undmanchmal lang bis zu 10 Stunden. Wahrscheinlich hängt es mit em Alter zusammen. Bin Rentner und75 Jahre alt.sind das schon Schlafstörungen oder ist das normalmit Freundlichen GrüssenJohann Zirngibl


Petra schreibt am 30.06.2019

Ich schlafe seit ca. 15 Jahren max.4 Stunden, manchmal etwas weniger und fühle mich fit. Ich bin 60 Jahre alt und mache mir kaum Gedanken über meine Art und Dauer des Schlafes. Es ist so wie es ist.


Markus H. schreibt am 05.05.2019

Ja, ich kenne auch das Kant-Phänomen, d.h. das Aufwachen just in time.


El lobo schreibt am 10.05.2018

Also diese Gesellschaftliche ideealvorstellung und generalisierung ist doch quatsch. Wer sind sie das sie meinen sie wüssen über alle leiden bescheid. Alles aus statistiken , doch hochbegabte talentiert und entwicklungsgenies in allen aspekten der zivilisationsevolution weichen von ihren beschriebenen gebrechen oder in ihren augen gesund sein ab. Herzlich HSP


Andreas G. Seidel schreibt am 21.01.2018

Hervorragender Artikel! Alles sehr wahr! Denn das Schlimmste ist die Wut darüber, nicht schlafen zu können. Das macht unnötiger Weise noch munterer (falls es diese Steigerungsform überhaupt gibt). Gelassenheit ist in diesm Fall das Wichtigste. Und wie gesagt, es können auch drei Stunden völlig ausreichen. Ich finde einen Mittgsschlaf ganz ratsam. Denn nach 6 Stunden braucht das Gehirn wieder etwas Ruhe. Ansonsten quält man sich mitunter durch den restlichen Tag - vor allem bei Bildschirmarbeit.


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 Wie viel Schlaf brauche ich?
 Kann ich vorschlafen oder Schlaf nachholen?
 Ist der Schlaf vor Mitternacht der beste?
 Wir schlafen, auch wenn wir den Eindruck haben, nicht zu schlafen
 Bist du ein Nachtmensch oder ein Morgenmensch, eine Eule oder Lerche?
 Deine Schlafdauer und -qualität wird immer vom seelischen Befinden beeinflusst
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