Agoraphobie 4: Behandlung

Informationen zur Behandlung (Therapie) einer Agoraphobie und ob Medikamente bei der Behandlung der Platzangst sinnvoll sind.

Psychologische Behandlung der Agoraphobie. Helfen Medikamente bei einer Agoraphobie? In diesem Beitrag möchte ich Ihnen die gängigsten und am meisten angwandten Behandlungsmethoden für die Behandlung der Agoraphobie vorstellen.

Wie wird eine Agoraphobie behandelt?

Die kognitive Verhaltenstherapie hat sich bei der Behandlung der Agoraphobie am besten bewährt. Das wichtigste Therapieziel ist die Verbesserung des Vertrauens in sich, Ihren Körper und die Fähigkeit, mit etwaigen panikartigen Anfällen umgehen zu können. Der Kopf muss dem Körper wieder vertrauen lernen. Dieses Vertrauen in sich und Ihren Körper erreichen Sie durch das

Konfrontationstraining - auch Expositionstraining genannt.

Diese Form der Angsttherapie besteht darin, dass Sie sich bewusst in die Situationen begeben, vor denen Sie Angst haben. D.h. Sie müssen sich der Angst stellen und erleben, dass Sie damit umgehen können und diese keine Gefahr darstellt.

Ich weiß, das haben Sie vielleicht schon hundert Mal gehört und es kommt Ihnen bereits zum Hals heraus, aber das ist tatsächlich der einzige Weg, Ihre Angst zu überwinden. Bei der Konfrontationstherapie geht es in erster Linie darum, dass Sie mit Ihren als gefährlich und unkontrollierbar erlebten körperlichen Symptomen konfrontiert werden und erleben, dass diese harmlos sind bzw. wieder abklingen.

Diese Strategie der Angstüberwindung nutzte schon Goethe. Ich möchte Ihnen aus seiner Autobiografie "Dichtung und Wahrheit" einen kleinen Absatz vorlesen, in dem er sehr schön beschreibt, wie er seine Ängste überwunden hat:

Besonders aber ängstigte mich ein Schwindel, der mich jedes Mal befiel, wenn ich von einer Höhe herunterblickte. Allen diesen Mängeln suchte ich abzuhelfen, und zwar, weil ich keine Zeit verlieren wollte, auf eine etwas heftige Weise. Ich erstieg ganz allein den höchsten Gipfel des Münsterturms und verweilte dort wohl eine Viertelstunde lang. Dergleichen Angst und Qual wiederholte ich so oft, bis der Eindruck mir ganz gleichgültig ward.

Goethe war sich der wichtigsten Prinzipien der Konfrontationstherapie bewusst:

  • er konfrontierte sich alleine mit der Situation, vor der er Angst hatte.
  • er verweilte darin solange, bis die Angst nachließ und
  • er begab sich so oft in die Situation, bis er keine Angst mehr empfand.

Auf diese Weise befreite er sich nach seine eigenen Angaben von der Höhenangst, von der Angst vor Krankheiten, von der Angst vor lauten Tönen, Friedhöfen und einsamen Orten. Die Konfrontationstherapie hat eine sehr hohe Erfolgsquote, aber sie ist natürlich auch sehr anstrengend. Sich seiner Angst zu stellen, statt vor ihr zu flüchten, kostet Überwindung.

Dafür bekommen Sie schon nach kurzer Zeit, etwa nach 10 bis 20 Sitzungen, wieder die Kontrolle über sich und Ihr Leben zurück. Sie machen wie Goethe die Erfahrung, dass die Angst Sie nicht umbringt, ja sie sogar verschwindet, wenn Sie diese zulassen.

Es gibt zwei Varianten der Konfrontationstherapie.

Die eine Variante besteht darin, dass Sie zunächst eine Angsthierarchie erstellen, d.h. alle Situationen, vor denen Sie Angst haben, danach bewerten, wie stark Sie davor Angst haben. Danach begeben Sie sich in die Situation, vor der Sie am wenigsten Angst haben, dann in die, wo Sie etwas mehr Angst haben, usw. Auf diese Weise lernen Sie schrittweise, mit Ihrer Angst umzugehen.

Die andere Variante, die Goethe nutzte, besteht darin, dass Sie sich sofort in die Situation begeben, vor der Sie am meisten Angst haben. Diese Methode ist die erfolgreichste und schnellste Methode, wenngleich sie natürlich die meiste Überwindung kostet.

Sabrina hatte sich für die Methode entschieden, sich sofort der Situation zu stellen, vor der sie die größte Angst hatte. Sie beschreibt ihre Erfahrungen mit dem Konfrontationstraining so:

Die Konfrontationstherapie war die Hölle, der pure Stress, doch sie half. Man merkt, dass einem nichts passiert. Keine Ohnmacht, kein Herzinfarkt - nichts. Und dadurch gewinnt man ganz langsam und schrittweise das Vertrauen in sich wieder. Ich habe jetzt meine Angst im Griff, nicht die Angst mich.

Ein weiterer Baustein der Agoraphobie Behandlung ist die

Gedankenkontrolle

Sie lernen den Zusammenhang zwischen Ihren Gedanken und Gefühlen kennen, insbesondere wie sich angstvolle Gedanken und Phantasien auf Ihre Angst und Ihre körperlichen Symptome auswirken und wie Sie diese kontrollieren und durch eine eher gelassene Haltung ersetzen können. D.h. Sie lernen, wie Sie den Teufelskreis von Angstgedanken, Angstgefühlen und körperlichen Reaktionen durchbrechen können, indem Sie Ihre Panikgedanken unter Kontrolle bringen.

Ein weiterer Baustein sind

Vorstellungsübungen und mentales Training

Sie lernen durch Vorstellungsübungen, wie Sie die Situationen bewältigen, vor denen Sie Angst haben, wie Sie sich in solchen Situationen Mut zusprechen können und wie Sie mit etwaigen körperlichen Symptomen umgehen können. Das mentale Training erleichtert es Ihnen, raus zu gehen und sich Ihrer Angst zu stellen.

Und natürlich wird Ihnen Ihr Therapeut auch ein Entspannungstraining empfehlen. Sie erlernen ein Entspannungsverfahren wie etwa die Progressive Muskelentspannung. Mit dieser einfachen Entspannungsmethode gelingt es Ihnen, Ihre körperliche Erregung und Ihre Angst zu mindern.

Und schließlich wird Ihr Therapeut mit Ihnen vermutlich auch Problemlösestrategien besprechen. Ihr Therapeut erarbeitet mit Ihnen allgemeine Problemlösestrategien, die Sie in Krisensituationen einsetzen können. Sie lernen vielleicht, mit Stress umzugehen, eine Partnerschaftskrise zu bewältigen, nicht immer alles persönlich zu nehmen, kurzum: Sie lernen, Krisensituationen zu meistern.

Wie soll ich eine Therapie machen, wenn ich mich nicht aus dem Haus traue?     

Sie könnten sich eine Begleitung suchen, etwa Ihren Partner oder eine andere Vertrauensperson, die Sie in die Praxis des Therapeuten begleitet. Es gibt auch Psychotherapeuten, die zu Beginn der Therapie zu Ihnen nach Hause kommen. Im Internet finden Sie Therapeuten, die online Therapie anbieten. Wenn keine dieser Möglichkeiten in Frage kommt, dann bleibt Ihnen eine stationäre Therapie in einer psychosomatischen Klinik.

Helfen Medikamente bei einer Agoraphobie?

Vielleicht haben Sie sich wegen Ihrer Beschwerden an Ihren Hausarzt gewandt und von diesem Medikamente verordnet bekommen. Dann sollten Sie sich auf jeden Fall an einen Psychiater wenden, denn dieser ist in der Regel mit der Behandlung von Angststörungen besser vertraut.

Hausärzte und Ärzte anderer Fachgruppen tun sich in der Regel schwer, eine Angststörung zu diagnostizieren. Außerdem sind sie häufig nicht auf dem neuesten Wissensstand über medikamentöse und therapeutische Behandlung von Angststörungen.

Ein medikamentöse Behandlung ist dann sinnvoll, wenn Ihre Angststörung schon lange besteht, Ihren gesamten Lebensbereich umfasst und Sie sehr unter der Angst leiden.

Medikamente, die bei Angststörungen eingesetzt werden, sind sogenannte Serotonin-Wiederaufnahmehemmer wie Paroxetin oder Sertralin. Über die medikamentöse Behandlung hinaus sollten Sie sich auf jeden Fall eine psychotherapeutische Unterstützung holen.

Medikamente können die seelischen Ursachen einer Angststörung nicht beseitigen.

Ist es sinnvoll, zusätzlich zur Psychotherapie Medikamente zu nehmen?

Untersuchungen zeigen, dass sich eine medikamentöse Behandlung eher ungünstig auf den Erfolg einer Psychotherapie auswirkt. Nach Absetzen der Medikamente verschlechtert sich die Panikstörung wieder. Dies rührt daher, weil Medikamente nur eine Krücke sind und die körperlichen Symptome lindern.

Wir lernen durch die Medikamente nicht, mit der Angst umzugehen und diese zu kontrollieren. Wir entwickeln kein Vertrauen in uns und unseren Körper, denn wir wissen nie, ob der Therapieerfolg auf die Medikamente oder die Psychotherapie zurückzuführen ist.

Wie mit der Angst vor der Angst umgehen?

Die Angst vor der Angst ist ein großes Problem für Menschen, die unter Panikanfällen leiden. Wie man damit umgehen kann, ist Thema dieses Videos.

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 Helfen Medikamente bei einer Agoraphobie?
 Ist es sinnvoll, zusätzlich zur Psychotherapie Medikamente zu nehmen?
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