Redeangst und Sprechangst 3: Ursachen

Redeangst ist erlernt und hängt oft mit traumatischen Erfahrungen meist in der Jugend zusammen. Mehr zu den Ursachen der Redeangst in diesem Beitrag.

Warum hat man panische Angst vor Vorträgen? Was sind die Ursachen der Redeangst? Davon handelt dieses Video.

Redeangst ist erlernt und hängt oft mit traumatischen Erfahrungen in der Vergangenheit, meist in der Jugend zusammen. So machen viele Menschen, die unter Redeangst leiden, in ihrer Jugend ein oder mehrmals die Erfahrung, vor der Klasse bei einem Referat bloßgestellt zu werden und sich hilflos und gedemütigt zu fühlen. Diese Erfahrung ist so schmerzlich, dass sie auch auf uns Einfluss hat, wenn wir erwachsen sind. Wir tragen gleichsam immer noch den verletzten Jungen oder das verletzte Ma?dchen in uns.

Bernd, ein Betroffener, erza?hlt

Ich hatte in meiner Kindheit nie Probleme vor anderen zu sprechen - bis ich in der 9. Klasse war. Ich sollte die Hausaufgaben vorlesen. Der Lehrer hatte an jedem Satz etwas auszusetzen. Er korrigierte und verbesserte mich sta?ndig. Ich kam mir richtig blo?d vor. Meine Mitschu?ler grinsten und ich stand wie ein Idiot vor der Klasse.

Als ich das na?chste Mal etwas vortragen sollte, war das die Ho?lle. Mein Herz schlug bis zum Hals, meine Stimme zitterte, ebenso mein Ko?rper. Ich bekam schwitzige Ha?nde, meine Kehle war wie zugeschnu?rt. Die ersten Sa?tze schaffte ich noch, dann war es vorbei. Ich hab das Referat total verhaun und bekam eine glatte 6.

Danach habe ich mich immer vor Referaten gedru?ckt. Ich hatte immer Ausreden parat: Ich habs zu Hause vergessen, mir ist schlecht, usw. Ich habe deswegen auch meinen Schulabschluss nicht geschafft. Seit Juli mache ich eine Ausbildung zum Verka?ufer und Pra?sentationen sind Hauptbestandteile in den Seminaren. Bisher musste ich eine Pra?sentation halten und es war die Ho?lle. Ich war so neben mir, dass ich mich an nichts mehr erinnern konnte was ich erza?hlt habe. Ich habe gezittert, bekam ein permanentes Schluckgefu?hl, Atemprobleme, es war die Ho?lle.

Ko?nnen Sie sich auch an ein solch traumatisches Erlebnis in Ihrer Jugend erinnern? Dann ist es sehr wahrscheinlich, dass dieses traumatische Erlebnis Sie heute noch beeinflusst, wenn Sie eine Rede halten sollen. Ihr Ko?rper und Geist haben dieses traumatische Erlebnis gespeichert und erinnern Sie daran, wenn Sie heute eine Rede halten sollen.

Es kommen in Ihnen die gleichen Gefu?hle hoch, die Sie damals als Jugendlicher hatten: Sie fu?hlen sich hilflos, bloßgestellt, bescha?mt. Versta?ndlich, dass Sie Angst haben, Ihnen ko?nnte so etwas noch einmal passieren.

Neben einer solch traumatischen Erfahrung in der Schulzeit ko?nnen weitere Faktoren die Entstehung einer Redeangst begu?nstigen, so etwa zu hohe Anspru?che an uns selbst. Wir verlangen von uns vielleicht, alles perfekt machen zu mu?ssen, uns keine Fehler erlauben zu du?rfen. Wir verlangen von uns:

  • Ich muss unbedingt gut ankommen.
  • Ich muss immer intelligent und interessant wirken.
  • Ich muss die Zuho?rer u?berzeugen.
  • Ich muss fließend sprechen, etwas Interessantes sagen, souvera?n sein.
  • Ich darf auf keinen Fall zittern, erro?ten, stottern, nervo?s sein.
  • Ich darf auf keinen Fall zeigen, dass ich unsicher und aufgeregt bin.

Mit dem eigenen Anspruch steigt aber auch die Angst, Fehler zu machen und damit die Angst, uns zu blamieren und kritisiert zu werden. Eine Betroffene sagte einmal: "Je ho?her meine Erwartungen an mich sind, umso mehr Angst habe ich, einen Fehler zu machen."

Das Streben nach Perfektion ist meist ein Ausdruck eines geringen oder angeschlagenen Selbstwertgefu?hls. Je geringer unser Selbstwertgefu?hl ist, je mehr wir denken, nicht in Ordnung zu sein, umso mehr haben wir na?mlich Angst vor Ablehnung und Kritik.

Eine Strategie, um mit Angst vor Ablehnung und Kritik umzugehen, ist das Streben nach Perfektion - nach dem Motto: wenn ich alles perfekt mache, dann gebe ich mir keine Blo?ße und dann kann mich keiner kritisieren. Mangelndes Selbstwertgefu?hl fu?hrt auch zu einem starken Bedu?rfnis nach Anerkennung und einer großen Angst vor Ablehnung.

Wir verlangen dann:

  • Die Zuho?rer du?rfen mich nicht ablehnen.
  • Das Publikum muss mich sympathisch finden. Ich muss bei allen gut ankommen.

Und schließlich stellen wir uns a?ngstlich eine Menge Fragen. Diese beginnen alle mit „Was ist, wenn ...?

  • Was ist, wenn ich stottere?
  • Was ist, wenn ich nicht weiter weiß?
  • Was ist, wenn die anderen merken, dass ich unsicher bin? Was ist, wenn ich mich blamiere?
  • Was ist, wenn ich versage?
  • Was ist, wenn ich rot werde?

Die Antwort auf diese Fragen geben wir uns selbst: Das wa?re furchtbar, das wa?re unertra?glich, das wa?re peinlich, das wa?re mein Ende. Angesichts solcher Gedanken und Katastrophenbilder ist es nicht verwunderlich, wenn wir vor einem Vortrag in Panik geraten, oder? Und bei solchen Gedanken ist es auch ganz normal, wenn unser Selbstvertrauen noch mehr in den Keller geht.

Redeangst & Sprechangst als Folge traumatischer Erfahrungen

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