Niedergeschlagenheit

Niedergeschlagenheit ist ein bedrückendes Gefühl, das wir alle kennen. Aber wie entsteht sie und was können wir tun, wenn wir uns niedergeschlagen fühlen? Dieser ABC-Beitrag klärt auf und gibt Hilfestellungen.

Niedergeschlagenheit
© PAL Verlag, unter Verwendung eines Fotomotivs von unsplash.com

Niedergeschlagenheit ist ein bedrückendes Gefühl, das die meisten von uns kennen und bereits erfahren haben, sei es kurzfristig oder über eine längere Zeit. Niedergeschlagenheit gehört zu den Gefühlen, die wir nicht gerne spüren.

Die Begriffe Niedergeschlagenheit und Traurigkeit werden oft synonym verwendet. Denn wir fühlen uns in der Regel nicht grundlos so, sondern reagieren damit auch auf Verlusterfahrungen.

Freud muß Leid, Leid muß Freude haben.

– Johann Wolfgang von Goethe

Symptome: Wie zeigt sich Niedergeschlagenheit?

Bei Niedergeschlagenheit fühlen wir uns traurig, bedrückt, depressiv, innerlich leer, mut- und kraftlos. Das Selbstwertgefühl kann sinken, Schuldgefühle , Sorgen, Grübeln oder Ängste können sich zusätzlich zeigen. Begleitend schlafen wir unter Umständen schlechter, merken körperliche Signale wie Müdigkeit, Kopfschmerzen oder Appetitlosigkeit. Vielleicht sind wir unruhiger und reizbarer als sonst, können uns z. B. schlechter konzentrieren.

Niedergeschlagenheit legt sich wie eine bleierne Wolke über das Gemüt, lässt uns die Welt durch einen grauen Schleier sehen. Was vorher bunt und farbig war, ist nun verblasst, was Hoffnung gab, hat sich zerschlagen. Die Sonnenstrahlen bringen wenig Freude, das vermeintlich Schöne zieht vorbei, die Zukunft erscheint dunkel, vielleicht sogar sinnlos. Dieses machtvolle Gefühl kann sich je nach Schweregrad und Dauer auf Lebensqualität und Alltag auswirken: Wir ziehen uns eher zurück, lachen weniger, haben weniger Freude an Hobbys und Ablenkung fällt schwerer.

Was bedeutet Niedergeschlagenheit für unser Seelenwohl?

Vorübergehende Niedergeschlagenheit oder Traurigkeit sind normal, wenn wir z. B. an etwas Trauriges denken oder uns etwas Trauriges widerfährt. Wir erleben dies im Alltag immer wieder bei kleineren und größeren Verlusten.

Niedergeschlagenheit gehört wie Freude zu unseren Grundgefühlen und zeigt, dass wir fühlende Wesen sind, uns Dinge zu Herzen nehmen und sensibel sind. Wer sich intensiv freuen kann, kann auch intensiv trauern. Es sind sozusagen zwei Seiten einer Medaille.

Niedergeschlagenheit ist Ausdruck der Verarbeitung und damit wichtig, das seelische Gleichgewicht wiederzufinden, sich zu lösen und wieder neu auszurichten. Das gilt insbesondere auch für das komplexe Phänomen der Trauer und tiefe Niedergeschlagenheit oder Traurigkeit bei besonders schwerwiegenden Verlusten und Schicksalsschlägen wie dem Tod eines geliebten Menschen oder einer Krankheit. Geschehnisse treffen uns umso mehr, je plötzlicher sie eintreten, je länger sie andauern, je unkontrollierbarer sie sind oder je bedeutsamer sie für uns sind.

Niedergeschlagenheit kann Ausdruck einer vorübergehenden depressiven Verstimmung sein oder sogar in eine Depression münden, wenn das Symptom über einen längeren Zeitraum anhält, als unkontrollierbar erlebt wird und nicht anders erklärt werden kann. Wie andere Symptome bewegt sich Niedergeschlagenheit also auf einem Kontinuum und bedarf, je nach Dauer, Ausmaß und Einflussmöglichkeit, besonderer Beachtung.

Die alltägliche Niedergeschlagenheit ist durch uns beeinflussbar und bessert sich nach einer Zeit von selbst. Professionelle Hilfe kann erforderlich werden, wenn wir keinen Grund für unsere Niedergeschlagenheit erkennen und das Gefühl der Niedergeschlagenheit über einen längeren Zeitraum anhält. Für einen ersten Selbsttest kannst du den Psychotest: Woran erkenne ich, dass ich depressiv bin? machen. Dieser dient als Orientierung, kann jedoch professionelle Einschätzung bei Bedarf nicht ersetzen.

Ursachen: Wie entsteht Niedergeschlagenheit?

Beispiele für Faktoren, die ein Gefühl von Niedergeschlagenheit auslösen oder begünstigen können, sind:

  • Verlusterfahrungen (wie Tod oder Trennung).
  • gesellschaftliche oder persönliche Krisen.
  • körperliche oder seelische Schmerzen oder Erkrankungen.
  • Unfälle oder andere plötzliche Veränderungen der Lebensumstände.
  • andere Abschiede (z.B. Verlust des Arbeitsplatzes).
  • unerfüllte Wünsche (z.B. Kinderlosigkeit).
  • Medikamente.
  • hormonelle Veränderungen.
  • weitere Faktoren (z.B. Enttäuschungen, Kränkungen, Mobbing am Arbeitsplatz, gescheiterte Projekte).

Welche Bedeutung haben Gedanken und Überzeugungen?

Neben körperlichen Faktoren können unsere persönlichen Glaubenssätze, Überzeugungen, Selbstgespräche, Bewertungen oder Werte eine Rolle dafür spielen, wie wir Ereignisse einordnen und welche Gefühle daraus für uns resultieren. Unsere persönlichen oder kulturellen Prägungen können hier eine wichtige Rolle spielen – wie unsere Erfahrungen aus der Kindheit, die Erziehung oder Wert- und Glaubenssysteme. Wenn wir ein Ereignis als persönlichen Verlust ansehen, fühlen wir uns in der Folge vielleicht niedergeschlagen. Hier besteht eine Wechselwirkung zwischen der persönlichen Bewertung und dem körperlichen und psychischen Symptom. 

Das folgende Fallbeispiel kann dir zeigen, welche Einfluss Bewertungen auf das Gefühl der Niedergeschlagenheit haben:

Du freust dich, nach längerer Zeit mal wieder mit einer guten Freundin oder einem guten Freund zu telefonieren. Nach anfänglichem freundlichen Austausch kommt ihr auf ein Thema, bei dem ihr unterschiedlicher Meinung seid. Das Gespräch gerät aus dem Ruder. Schließlich kommt es zu einem handfesten Streit. Entrüstet legt deine Freundin oder dein Freund den Hörer auf.

Daraufhin sagst du dir: “Wie konnte das passieren?”, “Ich habe alles falsch gemacht”, “Wir sind so gut befreundet und nun sowas?”, “Damit habe ich nicht gerechnet”, “Das war es dann wohl mit der Freundschaft”.

Du schlussfolgerst daraus: “Ich bin sehr niedergeschlagen und enttäuscht. Es ist besser, wenn ich mich eine Weile zurückziehe”.

Im Falle einer anderen Bewertung, wenn dir also der Kontakt weniger wichtig gewesen wäre oder du dich schon länger mit dem Gedanken geplagt hättest, ob dir dieser Kontakt noch gut tut, hättest du vielleicht sogar Erleichterung empfunden.

7 Tipps gegen die Niedergeschlagenheit

Hier ein paar hilfreiche Tipps für Wege aus der Niedergeschlagenheit:

Tipp 1: Hole dir Unterstützung, wenn du dich niedergeschlagen fühlst

Wenn du dich niedergeschlagen fühlst, spreche dich aus. Geteiltes Leid ist halbes Leid. Rufe eine Vertrauensperson an, teile dich mit, suche Trost. Verabrede dich persönlich oder online, vielleicht sogar regelmäßig. Unternehmt gemeinsam etwas Schönes, versuche, zwischendurch auf andere Gedanken zu kommen, dich bewusst auf den Moment einzulassen und dich abzulenken. So kannst du dich zumindest vorübergehend distanzieren und besser fühlen. Wenn du keinen Weg aus der Niedergeschlagenheit findest, wende dich an Psychotherapeut:innen und Fachpersonen. Sich Hilfe zu suchen ist keine Schwäche. Im Gegenteil. 

Tipp 2: Nehme deine Gefühle der Niedergeschlagenheit und die Situation an

Was auch immer der Grund für deine Niedergeschlagenheit ist, nehme dieses Gefühl an. Jede Abwehr gegen Gefühle, die uns in einem Moment oder für eine gewisse Zeit begleitet, sorgt nur dafür, dass sich die Gefühle verstärken. So wie wenn man sagt: „Denke jetzt nicht an den rosa Elefanten“, wirst du erst recht an ihn denken. Wenn wir aufhören, unsere Gefühle zu bewerten und sie annehmen, distanzieren wir uns von lauten, unangenehmen Gedanken und kommen ganz zu uns zurück. Indem wir aufhören zu denken, dass wir oder unser Leben schlecht sind, weil wir uns schlecht fühlen, identifizieren wir uns nicht länger damit. Wenn wir die Gefühle zulassen, dazu zählt auch das Weinen, durchwandern wir den seelischen Schmerz.

Für eine bedingungslose Akzeptanz bedarf es Gegenwärtigkeit und Vertrauen. Es geht darum, auch widrige Situationen und Umstände anzunehmen. Dadurch verringern wir Leiden und akzeptieren gleichzeitig, dass wir nicht alles kontrollieren können.

Tipp 3: Lerne, deine Niedergeschlagenheit loszulassen

Einerseits ist es wichtig, unsere Gefühle zu akzeptieren und uns den Raum zu geben, den wir brauchen. Andererseits ist es entscheidend zu lernen, loszulassen, wenn wir bereit sind, und uns dadurch zu erlauben, Leid und Trauer zu überwinden oder zu verringern. Vielleicht hilft dir hierbei ein Ritual. Stelle dir vor, du erklimmst einen Berg und lässt alles, was dich belastet, dort oder du streust es imaginär in den Wind.

Wirkungsvoll ist auch das Führen eines Tagebuches, in dem du beispielsweise am Abend alles aufschreiben kannst, was du gedanklich nicht mit in die Nacht nehmen möchtest. Treffe eine Entscheidung dafür, einen neuen Weg einzuschlagen und alte belastende Gefühle hinter dir zu lassen, wenn der Moment gekommen ist. Nähere dich Schritt für Schritt den Gefühlen Glück und Freude, und sei geduldig mit dir.  

Tipp 4: Achte auf deinen Körper, wenn du niedergeschlagen bist

Zeige Haltung. Wenn wir uns niedergeschlagen fühlen, spiegelt sich das in der Regel in unserer Körpersprache wider: Schultern und Kopf sind gesenkt, ebenso der Blick. Da Körper und Gefühle sich wechselseitig beeinflussen, kannst du durch eine aufrechte Körperhaltung und ein Lächeln auch deine Stimmung verändern. Dein Atem kann freier fließen, körperliche Blockaden lösen sich leichter auf. Auch hast du nach außen eine andere Präsenz. Probiere es aus, wenn es dir mal nicht so gut geht!

Bringe Bewegung in deinen Körper, sorge für die nötige Sauerstoffzufuhr und gehe deinem Lieblingssport nach. Du stärkst so deine körperliche und psychische Gesundheit und förderst deinen Schlaf. Ganz besonders gilt das für die Bewegung in der Natur. Als Ausgleich und für mehr Gegenwärtigkeit und Selbstliebe sind meditative Techniken und Entspannungsverfahren hilfreich.

Tipp 5: Kultiviere Selbstliebe gegen die Niedergeschlagenheit

Negative Selbstgespräche und Glaubenssätze können ein Gefühl von Niedergeschlagenheit verstärken. Du kannst derartige Gedanken mit wirkungsvollen selbstbejahenden Affirmationen ersetzen. Diese werden in Gegenwartsform, ichbezogen formuliert und sollten bei dir emotional besetzt sein. Wenn du niedergeschlagen bist, sage dir: „Ich liebe mich“, „Ich schaffe das“ oder „Ich freue mich“. Weniger ist mehr: Suche dir ein bis drei für dich heilsame Sätze aus und wiederhole diese über einen gewissen Zeitraum regelmäßig laut oder leise. Du veränderst so nach und nach deine Gedankenmuster und damit auch deine Gefühle und stärkst deine Selbstliebe und Zufriedenheit. Frage dich zudem in regelmäßigen Abständen, was dir in diesem Augenblick gut tun würde, und gehe dem nach, wenn es die Umstände zulassen (z.B. eine Mini-Pause oder ein Gespräch mit Arbeitskollegen). Werde dir auch bewusst darüber, was dir nicht gut tut, und lasse davon weniger in dein Leben.

Tipp 6: Sei die Veränderung, die du dir wünschst

Schenke nicht nur dir, sondern auch anderen ein Lächeln oder eine freundliche Geste, wann immer sich hierfür eine Gelegenheit bietet. Du bringst dadurch nicht nur anderen Freude, sondern auch dir selbst. Achte auf die Kommunikation, welche Worte du verwendest, wenn du mit dir und mit anderen sprichst, und wünsche deinem Gegenüber stets das Beste. Auf diese Weise schulst du Liebe für dich und für andere und förderst ein harmonisches Miteinander. Lasse andere Meinungen stehen, bewerte sie nicht und schaffe dadurch Raum für ein wertschätzendes Verständnis und Toleranz. Versöhne dich mit deinen Mitmenschen, was zunächst bedingt, dass du dir selbst verzeihst. Sei großzügig dir selbst und anderen gegenüber.

Tipp 7: Sehe eine Krise als Chance

Krisen sind immer auch Chancen für persönliches Wachstum. Insbesondere in Krisenzeiten sondieren wir neu, fragen uns, wohin das Herz uns trägt, wer oder was uns wichtig ist. Das Verlassen der eigenen Komfortzone und das Entdecken von Neuem macht glücklich, schenkt einem ein Gefühl von Freude, steigert das Selbstvertrauen und die Selbstwirksamkeit. Beginne in kleinen Schritten, das zu tun, was du dir schon länger vorgenommen hast oder was du neu bei dir entdeckt hast (z.B. ein neues Hobby, auf neue Menschen offen zugehen, eine berufliche Veränderung, Fort- oder Weiterbildung, ein Wohnungswechsel oder eine Neugestaltung des eigenen Heims, eingefahrene oder nicht bewährte Routinen durch neue ersetzen). Lasse zu, was sich für dich stimmig anfühlt.

Auch könnten dir die Tipps für mehr Resilienz helfen.

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