Vielen Menschen fällt es schwer, die Achterbahn ihres Lebens zu akzeptieren, sie wollen nur an den guten Phasen festhalten. Dieser Beitrag der Serie "Erfahrungen aus der Praxis" zeigt dir, wie du durch die fetten und die mageren Jahre des Lebens kommst.
What goes up must come down.
Spinnin‘ wheel got to go 'round …
Diese Anfangszeilen des Songs „Spinning Wheel“ der Band Blood, Sweat & Tears fallen mir immer dann ein, wenn Menschen, die zu mir kommen, sich darüber empören, dass das, was gerade eben noch schön und gut war, nun plötzlich ganz anders ist.
Ja, auch ich bin überzeugt davon, dass das, was nach oben geht, auch wieder nach unten kommen wird. Und natürlich auch umgekehrt: Wenn du gerade ganz unten bist, wird es im weiteren Verlauf vorhersagbar auch wieder nach oben gehen. Das Spinnrad des Lebens dreht sich offensichtlich immerzu – ob du es nun anhalten möchtest oder nicht.
Hatte nicht schon Mephisto mit Faust im gleichnamigen weltberühmten Drama von Goethe den im wahrsten Sinne des Wortes teuflischen Vertrag geschlossen:
„Wann immer du sagst: Ach Augenblick, verweile - du bist so schön, dann soll deine Seele mir gehören.“
Das ist eine wahrhaft heftige Aussage: Immer dann, wenn du festhalten möchtest, gehörst du dem Teufel (na ja, hoffentlich nicht!). Zumindest erlebst du dann Schmerzliches.
Goethe lässt den gelehrten Faust wörtlich Folgendes antworten:
"Werd‘ ich zum Augenblicke sagen:
Verweile doch! Du bist so schön!
Dann magst du mich in Fesseln schlagen,
Dann werd‘ ich gern zugrunde gehn!“
Ich bin überzeugt, dass Goethe das so schrieb, weil auch er erkannt hatte, dass das einzig Konstante im Leben der Wandel ist.
Auch in vielen Therapiesitzungen geht es darum herauszufinden, wie du flüssig mit dem Auf und Ab nicht nur in radikaler Akzeptanz mitgehst, sondern wie du lernen kannst, die Achterbahnfahrt deines Lebens zu genießen:
Solche und viele weitere und doch ähnliche Formulierungen tauchen immer dann auf, wenn Situationen sich ändern, wenn sicher Geglaubtes unsicher wird, wenn für unmöglich Gehaltenes plötzlich doch wahr wird.
Viele Menschen sind bereit, Geld auszugeben, um in Vergnügungsparks Achterbahn zu fahren – je wilder, umso besser. Besonders lustvoll wird es dann, wenn du innerlich ein tiefes Urvertrauen in dir aufrechterhalten kannst, nämlich dass es gut ausgehen wird. Und gleichzeitig zu wissen, wenn es noch nicht gut ist, dass es noch nicht das Ende sein kann.
„Am Ende wird alles gut - und wenn es noch nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende.“
So jedenfalls sagt es der wunderbare indische Besitzer des Best Exotic Marigold Hotel im Film. Manchmal wird dieses Zitat auch John Lennon zugeschrieben, oft auch Oscar Wilde oder dem brasilianischen Schriftsteller Fernando Sabino. Doch auch wenn das nicht so sein sollte, bleibt es die ständige Herausforderung, in allen Lebenslagen stets zentriert zu sein, idealerweise verankert im Sein, und aus dieser Zentriertheit heraus zu handeln. In jedem Augenblick.
Denn schließlich kann man sterben, ohne dass alles wieder gut ist. Die Achterbahn kann entgleisen (im wörtlichen wie im übertragenen Sinn) und im Nu ist der Mensch hinüber. Dieses Ende war dann genau so, wie es in diesem Moment stattfand. Deine Zentriertheit, deine Verankerung im Sein entscheidet darüber, ob dieser Moment in innerer Wachheit und Klarheit oder aber in Panik, Entsetzen und Schmerz stattfindet. An welchem Punkt der Achterbahn das Ende kommt – oben, unten, in der Mitte –, das wissen wir nicht.
Das bekannte Yin-Yang-Symbol, der Kreis, in dem eine Hälfte schwarz, die andere weiß ist, eröffnet einen noch tieferen Blick auf die Möglichkeit, gelassen und in innerer Zentriertheit mit den Wechseln in deinem Leben umzugehen. Wo der schwarze Halbkreis am ausgeprägtesten ist, beginnt bereits zart der helle Halbkreis. Und entsprechend beginnt, wo das Weiß am meisten Raum einnimmt, wieder unmerklich das Schwarze. Die erstaunliche Erweiterung des Blicks auf den Wechsel von hell und dunkel liegt jedoch in den zwei Kontrastpunkten: Mitten im hellsten Hellen befindet sich ein schwarzer Punkt und mitten im schwärzesten Schwarz ein weißer Punkt. Damit erinnert dich das Yin-Yang-Symbol nicht nur an den ständigen Wechsel in deinem Leben, sondern ermutigt dich auch, immer nach dem Guten im Schlechten Ausschau zu halten. Gleichzeitig mahnt es, wach zu bleiben für das Problematische im Guten.
Den treffendsten Kommentar gab letzte Woche Alexander ab, als er die Erkenntnisse aus seiner Therapiestunde über die Achterbahn des Lebens zusammenfasste:
"Ich glaube, heute hab ich viel verstanden.
Das einzig Konstante im Leben ist der Wandel.
Und jeder Wandel wird sich wieder wandeln.
Ich freue mich an dem Hellen und ich verdränge nicht das Dunkle.
Ich suche immer wieder nach meiner Mitte – in guten wie in schlechten Tagen.
Ich halte Ausschau nach dem, was ich aus den schwierigen Situationen in meinem Leben lernen kann.
Und ich will wach bleiben, auch in sehr guten Zeiten flüssig und fließend das zu genießen, was da ist, ohne es krampfhaft festhalten zu wollen."
Was sollte ich dieser Erkenntnis noch zufügen wollen?
Viel Spaß beim Achterbahnfahren
wünscht dir
Dein Gert Kowarowsky
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Momentan mache ich eine schwierige Zeit. Durch. Meine Angststörungen und Depressionen sind wieder sehr aktiv geworden. Dann ist noch eine Magendarmschleimhautentzündung und Vitamin Mangel und eisebmangel noch dazu gekommen. Es wird schon wieder besser werden. Mache gerade eine Achterbahn Fahrt durch. Zum Glück fahre ich bald zur Reha.