In diesem Beitrag aus der Reihe "Erfahrungen aus der Praxis" zeigt Gert Kowarowsky, wie du deinen Kummer akzeptieren und aktiv zu konstruktiven Lösungen finden kannst. Dabei hilft dir die "Wunderfrage".
Auf seinem Lebensweg ist jede und jeder immer wieder mit Herausforderungen und Schwierigkeiten konfrontiert. Wenn jedoch Ängste, Sorgen und Kummer dein Leben überschatten und dir alle Lebensfreude rauben, gilt es, dich nicht davon erdrücken zu lassen, sondern nach neuen Wegen Ausschau zu halten. In solchen schwierigen Momenten gilt es, die Kontrolle zurückzugewinnen und Lösungen zu finden. In den meisten Fällen hilft ein Perspektivwechsel, der dich nicht in der Dunkelheit der Probleme festhält, sondern dir hilft, das Licht der Lösungen zu finden.
Emily offenbarte mir, dass es für sie sehr schwer sei, sich selbst einzugestehen, dass sie schon seit Langem von ihrem inneren Kummer geplagt wurde.
Als wir den Ursprung des Wortes Kummer erforschten, fanden wir die Begriffe "Klage, Trauer, Schmerz". Das Verb "kümmern" wiederum bedeutet "sich um etwas oder jemanden sorgen". Die Wortherkunft legt nahe, dass Kummer eng mit der Sorge und der Sorge um etwas verbunden ist, das uns emotional belastet. Interessanterweise trägt das Wort "kümmern" eine gewisse Aktivität in sich. Kummer entsteht aus einem inneren Erleben von Unzulänglichkeit oder Schmerz. Dich um deinen Kummer zu kümmern, stellt bereits eine Aktivität dar. Du verlässt den passiven Zustand des im Kummer Gefangenseins. Du beginnst Ausschau zu halten nach Möglichkeiten zur Veränderung. Du suchst nach Wegen, mit dem Schmerz anders umzugehen.
Es ist allerdings sehr schwierig, an einem Problem zu arbeiten, wenn du es dir nicht einmal dir selbst einzugestehen vermagst. Doch und warum fällt es vielen Menschen so schwer, sich mit ihrem Kummer auseinanderzusetzen, sich darum zu kümmern?
Emily konnte sehr klar benennen, weshalb sie lange Zeit nur nach Wegen gesucht hatte, ihren Kummer zu verdrängen, anstatt ihn direkt anzugehen: "Ich wollte mir einfach nicht eingestehen, dass ich Probleme hatte. Ich wollte mit niemanden darüber sprechen und verdrängte es, so gut ich konnte. Ich befürchtete, es könnte zu groß oder zu schmerzhaft sein, wenn ich anfinge, es zu benennen."
Eines der größten Hindernisse bei der Suche nach Lösungen an deinen Problemen ist die Tendenz, sie zu verleugnen oder zu ignorieren.
Emily erinnerte sich, dass sie sich ganz oft selbst innerlich Sätze gesagt hatte wie diese: "Es ist nicht so schlimm" oder "Ich sollte darüber hinwegkommen". Mit der Zeit wurde ihr jedoch klar, dass das Verdrängen oder Bagatellisieren von Kummer nicht dazu führt, dass er verschwindet: "Im Gegenteil, mein Problemrucksack wurde immer schwerer, das Bedrückende oft noch intensiver, wenn ich meinen Kummer ignorierte. Ich erkannte, wie ich meine ansonsten gut funktionierende Kreativität zunehmend blockierte und damit auch meine Fähigkeit schwand, Lösungen zu finden."
Nachdem sie bereit war, sich ihre Probleme zuzugestehen, war sie überrascht, dass der weitere Therapieverlauf ganz anders war, als sie es sich vorgestellt hatte. Sich ein Problem einzugestehen, bedeutet nämlich nicht automatisch, sich Tag und Nacht selbstzerfleischend damit beschäftigen zu müssen. Letztendlich sind Probleme Aufforderungen, Lösungen zu finden.
Das zentrale Konzept der lösungsorientierten Therapie, die von Steve de Shazer und anderen entwickelt wurde, besteht darin, den Blick nicht dauerhaft auf dem Problem ruhen zu lassen, sondern auf mögliche Lösungen zu richten. Interessante Fragen dabei sind: "Wie könnte es besser werden?“ oder „Was könnte ich tun, um diese Situation zu verändern?"
Emily probierte aus, wohin die Wunderfrage sie führte. Die Wunderfrage ist eine einfache, aber tiefgründige Frage. Sie lautet:
Wenn über Nacht ein Wunder geschehen würde und das Problem wäre verschwunden, wie würdest du es dann bemerken? Was wäre anders? Was würde dir als Allererstes auffallen, was anders ist, nachdem du aufgewacht bist?
Diese Frage öffnete für Emily neue Räume für kreative Vorstellungen und Lösungen. Sie beschäftigte sich mit ihrem Kummer, legte dabei jedoch den Fokus auf das, was bereits als Lösungsideen in ihr existierte, sowohl in ihren eigenen Vorstellungen als auch in konkreten Handlungsmöglichkeiten.
Die Wunderfrage hatte für Emily den heilsamen Effekt, den Kummer nicht zu ignorieren, sondern im Umgang damit eine neue Perspektive einzunehmen. Sie half ihr, den Blick auf die positiven Veränderungen zu richten, die sie erreichen wollte, anstatt sich in der Dunkelheit des Problems zu verlieren. So konnte sie ihren Kummer über Missglücktes annehmen, ohne sich dafür schämen oder verurteilen zu müssen.
Wenn du dich mit deinem Kummer, mit deinen Problemen auseinandersetzt, ist es entscheidend, dass du nicht in der Dunkelheit der Probleme verharrst. Richte stattdessen den Fokus auf Lösungen und auf das Licht, das dich aus der Dunkelheit herausführt. Es geht nicht darum, deine Probleme unendlich zu analysieren, sondern darum, praktische Schritte zu finden, die dich voranbringen. Lass die Vorstellung hinter dir, dass nur die unablässige Auseinandersetzung mit dem Problem zu einer Lösung führen kann. Stattdessen lass dich einladen, nach Lösungen zu suchen und den Blick auf das Positive zu richten.
Nimm jedes Problem auf deinem Lebensweg als Aufforderung, nach Lösungen zu suchen.
Kümmere dich um deinen Kummer und begegne ihm mit einer lösungsorientierten Haltung.
Dein Gert Kowarowsky
… ist die psychotherapeutische Kolumne mit Inspirationen für deine Lebensgestaltung und den Umgang mit schwierigen Lebensthemen. Du findest alle Teile der Kolumne und mehr über den Autor Gert Kowarowsky hier.
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