Ängste und Sorgen bewältigen

Wie können Sie am besten mit Ihren Ängsten in der Corona-Krise umgehen? In diesem Beitrag erhalten Sie Antworten auf drängende Fragen.

Ängste und Sorgen bewältigen
© PAL Verlag

Angst in Zeiten des Corona-Virus

Hören Sie auch stündlich in die Nachrichten hinein und saugen jegliche Information zum Corona-Virus wie ein Schwamm auf? Kreisen Ihre Gedanken und Gespräche auch nur noch um Corona? Dann sind die Chancen groß, dass Sie unter permanenter Anspannung und Angst leiden. Sie sind in einer Art körperlichem und psychischem Ausnahmezustand, so wie es auch unser gesamtes Land, unsere Städte, Geschäfte, Ärzte und Kliniken sind.

Unsere Fähigkeit, Angst zu empfinden, ist angeboren. Unsere Angst soll uns dabei helfen, unser Leben zu erhalten. Sie ist eine Alarmreaktion. Angst empfinden wir, wenn wir eine Situation als gefährlich und unsicher einschätzen und unsere Fähigkeiten, damit umzugehen als gering. Angst zeigt sich auch in vielen körperlichen Reaktionen. Wir machen uns bereit zu Kampf oder Flucht, setzen Energie frei, unsere Muskeln spannen sich an und unsere Konzentrationsfähigkeit wird erhöht.

Im Augenblick gibt es viele Gründe, aus dem Gleichgewicht zu geraten. Da Angst und Hilflosigkeit für die meisten von uns sehr unangenehm sind, lassen wir uns etwas einfallen, um sie nicht oder zumindest nicht so stark zu spüren. Je nach unserer Persönlichkeit und unseren Erfahrungen nutzen wir dazu unterschiedliche Strategien. Viele davon tun uns und unserer Umwelt nicht gut.

Weit verbreitete Alltagsstrategien der Angstbewältigung

  • Wir verleugnen die Gefahr und reden uns etwa ein, uns könne nichts passieren, wir seien noch jung, man übertreibe gründlich, könne eh nichts machen. Wir leben unseren Alltag so gut es geht und lassen uns von den Vorschriften, die die Regierung im Augenblick erlässt, nicht beeinflussen.
  • Wir verharren in einer Art Schockstarre.
  • Wir sorgen uns permanent darum, dass wir selbst oder Angehörige an Corona erkranken, wir in die Insolvenz geraten, unsere Gesundheitssystem oder der gesamte Staat zusammenbricht, es nicht mehr genügend Lebensmittel gibt, wir im Homeoffice nicht effektiv arbeiten können usw.
  • Wir stürzen uns in Aktionismus, um uns ein Gefühl der Kontrolle und Sicherheit zu geben. Wir lassen uns zu Hamsterkäufen von Klopapier und Desinfektionsmitteln verleiten. Dann lassen sich andere von unserem Verhalten anstecken, ahmen unser Vorsorgeverhalten nach und so kommt es zu immer mehr egoistischen und panikartigen Reaktionen.
  • Wir werden depressiv und ziehen uns zurück, können uns an nichts mehr freuen, sehen unsere momentane Situation und die Zukunft negativ.
  • Wir versuchen, mithilfe von Alkohol, Beruhigungs- oder Schlaftabletten unseren Angstgefühlen Einhalt zu bieten.
     

Aber ist es nicht normal, dass ich jetzt in dieser Zeit Angst und Anspannung verspüre?

Ja, es ist gut nachvollziehbar, dass wir in dieser Zeit verstärkt angespannt und verunsichert sind. Schließlich ist die Lage nicht alltäglich. Wir können sie nicht richtig einschätzen und scheinen auch wenig Kontrolle zu haben. Wir kennen das Virus noch nicht und haben deshalb auch keinen Impfschutz und keine Medikamente dagegen. Im Radio, in den Zeitungen und Zeitschriften, im Fernsehen und Internet werden wir permanent mit neuen dramatischen Zahlen und Bildern konfrontiert. Panik erzeugende Fake-Meldungen verstärken unseren Eindruck von großer Gefahr noch zusätzlich. Dass der Virus aus Asien kommt, trägt auch nicht gerade zu einer Schwächung unserer Ängste bei. Außerdem erleben wir seit über siebzig Jahren Frieden in unserem Land, wir waren es bis jetzt gewöhnt, immer gut versorgt und abgesichert zu sein. Wir sind also nicht trainiert darin, uns auf eine unkontrollierbare, unsichere Situation einzustellen.

Deshalb ist es im Augenblick besonders wichtig, darauf zu achten, mit welchen Informationen wir uns füttern. Außerdem müssen wir auch genau ausloten, welche Möglichkeiten wir auch jetzt noch besitzen, mit der Situation und unseren Ängsten umzugehen. Wir sind nicht so hilflos, wie viele von uns denken. Einen Teil der Angst erzeugen wir selbst, indem wir die Situation übertrieben negativ einschätzen.

Wie sieht eine angemessene Bewertung der Corona-Krise aus?

Wenn wir uns ein Urteil über die Entwicklung der Corona-Krise bilden, dann sollten wir uns folgende Fragen stellen: Stammt die Information, die ich erhalte, aus einer vertrauenswürdigen Quelle? Hier ist z.B. das Robert Koch Institut zu empfehlen.

Ist es wirklich so, dass ich am Corona-Virus erkranken werde? Woher weiß ich das? - Wie wahrscheinlich ist es, dass es eintritt?

Die Zahlen erhöhen sich zwar täglich, aber im Vergleich zur deutschen Bevölkerung ist die Anzahl der Infizierten immer noch ein verschwindend kleiner Anteil. Es erkranken immer noch wesentlich mehr Menschen an Grippe als an Corona.

Wenn es eintrifft, ist es dann wirklich gefährlich für mich?

Die meisten Erkrankungen sind vergleichbar mit den Symptomen einer Erkältung, also nicht so bedrohlich. Nur 15 Prozent der Infizierten müssen in die Klinik und nur 4 Prozent auf der Intensivstation behandelt werden.

Gibt es Möglichkeiten, das möglicherweise negative Ereignis zu verhindern?

Hier sollten wir uns an die Vorgaben einhalten, die vom Robert-Koch-Institut vorgegeben werden. Abstand halten und Händewaschen gehören zu den wichtigsten Prinzipien. Weitere finden Sie hier: https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2020-02/coronavirus-hygienetipps-ansteckung-infektion-schutz

Gibt es Überlebensmöglichkeiten, wenn das als lebensgefährlich bewertete Ereignis wirklich eintritt?

Im Augenblick sagt uns die Statistik, dass nur zwei von 100 Infizierten sterben. Die Wahrscheinlichkeit ist also gering. Im Vergleich dazu sind bei der letzten Grippe-Epidemie zwischen 20.000 und 25.000 Menschen gestorben.

Wenn wir diese Fragen auf unsere Gedanken anwenden, dann kommen wir zu einer der Situation angemessenen Bewertung. Wir sind weder gleichgültig, noch überaktiviert. Dann können wir auch die Bewältigungsstrategien anwenden, die uns zur Verfügung stehen. Durch angemessenes Denken stärken wir auch unsere Immunabwehr, wir helfen uns, zu entspannen und wieder besser zu schlafen.

Was genau kann ich jetzt für mich tun?

Wenn wir in einem psychischen Ausnahmezustand sind, dann fällt es uns schwer, klar zu denken. Wir lenken unseren Blick nur noch auf die Gefahr und sehen nicht mehr unsere Einfluss- und Handlungsmöglichkeiten.

Da wir uns auf eine längere Zeit der Ausnahmesituation einstellen müssen, sollten wir alles dafür tun, um unser inneres Gleichgewicht zu erhalten bzw. zurückzugewinnen. Wir müssen unser Wohlbefinden stärken und uns zumindest Auszeiten aus dem Grübel-Kreislauf nehmen. Zeiten, in denen wir in einer Aufgabe aufgehen und Freude erleben, sind Balsam für Seele und Körper. Wir können unsere Batterie dann wieder ein wenig auffüllen.

7 Tipps, wie Sie Ihre Ängste und Sorgen in den Griff bekommen

Tipp 1Werden Sie aktiv

Wenn Sie nur zuhause herumsitzen, sich bedauern, grübeln oder mit der Situation hadern, dann fühlen Sie sich hilflos und das Problem von außen bzw. die Krise wird in Ihren Gedanken immer größer. Dabei spielt es gar keine Rolle, wie viel Ihre negativen Vorstellungen mit der Realität zu tun haben. Sie tun Ihnen nicht gut. Aktivität – egal ob körperlich oder geistig – bringt Sie im wahrsten Sinne des Wortes auf andere Gedanken und zwar auf positive: Sie haben Erfolgserlebnisse und empfinden Freude. Sie spüren, dass das Leben weitergeht und Ihnen immer noch etwas zu bieten hat. Sie sehen einen Sinn im Alltag. Suchen Sie nach Aktivitäten, die Sie jetzt noch tun können und die Ihnen Freude bereiten könnten. Aber Vorsicht: Immer nur passiv auf der Couch zu sitzen und Serien zu schauen ist hier nur bedingt zu empfehlen, denn es gibt Ihnen keine allzu große Befriedigung und lenkt Sie lediglich für kurze Zeit ab.

Ein paar Vorschläge für sinnvolle und nachhaltige Aktivitäten: Wie wärs mit Urlaubsfotos sortieren, die Wohnung ausmisten, renovieren, Belege einordnen, etwas Leckeres kochen, Gymnastik oder Yoga machen, sich verwöhnen und pflegen, ein Buch lesen, ein Spiel mit anderen spielen, auch über das Internet, den Garten oder Balkon pflegen, etwas basteln. Suchen Sie einfach nach Aktivitäten, die Sie zuhause schon immer tun wollten, aber nie die Zeit gefunden haben, und die Ihnen Spaß machen.

Tipp 2 Sorgen Sie für ausreichend Bewegung

Bislang waren in allen Shutdown-Phasen Spaziergänge oder Sportaktivitäten an der frischen Luft immer möglich, sowohl alleine oder mindestens mit im selben Haushalt lebenden Personen. Nutzen Sie diese Möglichkeiten. Aber auch in der Wohnung können Sie für ausreichend Bewegung sorgen. Das funktioniert entweder mit modernen Fitnessgeräten und Online-Trainingsprogrammen für Pilates, Yoga, Fitness oder Kraftsport. Es geht aber auch ganz einfach: mit Putzen, Saugen, Ausmisten, Wände streichen usw. Auch einfache, alltägliche Tätigkeiten bieten eine gute Möglichkeit, um sich auszupowern und dabei seinen Kreislauf in Schwung zu halten und fot zu bleiben. Und noch eine gute Bewegung hilft uns dabei, unsere innere Anspannung abzubauen und uns davon abzubringen, ständig voll Angst in die Zukunft zu blicken.Hören Sie Ihre Lieblingsmusik

Auch Musik kann Ihnen im Übirgen auf wunderbare Weise dabei helfen, Ihre innere Anspannung abzubauen und die Stimmung zu heben. Wenn Sie sich dazu noch bewegen und tanzen, umso besser!

Tipp 3 Sorgen Sie für wohltuende Entspannung

Ebenso wichtig wie körperliche Aktivität ist bewusste Entspannung. Sie dient als Ausgleich für den Körper und hilft Ihnen innerrlich wieder zur Ruhe zu kommen. Wichtig dabei: Es geht bei allen Entspannungsverfahren darum, seinem Körper und Geist etwas Gutes zu tun, nicht darum eine Pause von allem zu machen und ins Nichtstun zu verfallen. Wir empfehlen dazu klassische Entspannungsverfahren oder eine Atemübung einsetzen, auf unseren Websites finden Sie z. B. die Progressive Muskelentspannung und die Spontanentspannung

Tipp 4 Pflegen Sie Ihre Kontakte

Auch die Möglichkeit, Kontakte zu pflegen, ist im Augenblick eingeschränkt. Doch stehen uns immer noch viele Möglichkeiten zur Verfügung, durch die digitalen Medien und sozialen Netzwerke (WhatsApp, Skype, Facetime, E-Mails usw.) ebenso wie übers Telefon. Werden Sie kreativ: Treffen Sie sich um eine bestimmte Uhrzeit mit Ihrer Freundin auf ein virtuelles Glas Wein am Abend oder beteiligen Sie sich in einem Internet-Forum zu einem Thema oder Hobby, das Sie interessiert. Wichtig dabei: Sprechen Sie in diesen Treffen nicht nur über Corona, sondern über die Dinge, die Ihnen Spaß machen und Freude bereiten.

Tipp 5 Meiden Sie den Kontakt zu Menschen oder Medien, die darauf spezialisiert sind, Katastrophen zu zeichnen

Wir begegnen in diesen Zeiten, wie in allen Krisenzeiten der Menschheitsgeschichte, häufiger Menschen, die die Zukunft schwarz malen und auch die Gegenwart in einem düsteren Licht zeichnen. Der negative Einfluss auf unsere Seele wird dabei oft vergessen. Doch allein die vielen, oft widersprüchlichen Nachrichten über Corona zu konsumieren, lenkt Ihren Blick immer wieder auf mögliche Gefahren und führt zu Anspannung und Angst. Es genügt, wenn Sie sich einmal am Tag zu einer bestimmten Zeit informieren. Schenken Sie im Rest der Zeit anderen, positiven Themen und Aktivitäten Ihre Aufmerksamkeit. Und suchen Sie den Kontakt zu besonnenen Menschen. 

Tipp 6 Schaffen Sie eine Struktur im Alltag

Lange ausschlafen und vor sich hingammeln mag am Anfang sehr reizvoll sein. Doch macht dies mit der Zeit auch unzufrieden. Besser ist es, sich einen Tagesplan zu erstellen, der beinhaltet, wann Sie aufstehen, arbeiten, essen, Freizeit haben, schlafen gehen. Der Plan hilft Ihnen auch dabei, zu erleben, dass Sie handlungsfähig sind. Am Abend, wenn Sie abhaken, was Sie erledigt haben, bestärken Sie Ihre Einstellung, etwas bewältigen zu können.

Tipp 7 Helfen Sie sich gegenseitig

Kaufen Sie für andere ein oder übernehmen Sie Erledigungen, die diese nicht (mehr) selbst machen können. Das gibt Ihnen und den anderen ein gutes Gefühl. Sie kommen sich zudem nicht so alleingelassen vor.

Nehmen Sie die Situation an

Corona erinnert uns daran, dass wir nicht alles kontrollieren können und es keine absolute Sicherheit gibt. Stoppen Sie deshalb Ihre Grübelgedanken und sagen Sie sich: "Ich tue alles, um mich zu schützen. Mehr kann ich nicht tun. Ich bin bereit, dies zu akzeptieren."

Steckt auch Positives in der Krise?

Es ist ganz wichtig, dass wir uns diese Frage auch stellen. Wie bei vielen Krisen zeigt sich (meist erst im Nachhinein), dass sich darin auch Chancen verbergen. Ich will Ihren Blick zum Abschluss deshalb noch kurz auf mögliche langfristige positive Auswirkungen lenken:

  • Wir prüfen unsere Werte und merken, wie wichtig unsere Familie und unser Zuhause für uns sind.
  • Wir sind achtsamer und lernen, für kleine Dinge, wie z.B. eine Blüte oder das Gezwitscher der Vögel, dankbar zu sein.
  • Wir bemerken, dass manche Dinge, von denen wir glaubten, sie unbedingt zu benötigen, in Wirklichkeit nicht wichtig sind.
  • Wir lernen, uns wieder mit uns selbst zu beschäftigen, werden kreativ und entdecken z.B. ein neues Hobby.
  • Wir übernehmen mehr Verantwortung und helfen anderen. Der Zusammenhalt wird größer.
  • Wir fahren weniger Auto, fliegen weniger, was sich positiv auf die Umweltbelastung auswirkt.
  • Die Firmen stellen die Arbeit der Mitarbeiter um auf Homeoffice, was sich langfristig als Fortschritt und Erleichterung herausstellen könnte.
  • Wir bemerken, wie stark die Globalisierung fortgeschritten ist und dass es besser ist, die Arbeitsplätze im eigenen Land auszubauen, statt die Produktion ins Ausland zu verlagern.
  • Wir schätzen die Leistung von Menschen im Gesundheitssystem und in Pflegheimen stärker.
  • Wir lernen, dass es in unserer Gesellschaft auf den Beitrag jedes Einzelnen ankommt.
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Linda schreibt am 09.06.2021

Zur Zeit haeufen sich einige privaten Ereignisse. Da ich unter Depressionen leide. Ist es manchmal schwierig davon wieder los zu komnen. Da ich ja schon Thetapie hatte. Wende ich die erlernten Ziele an um wieder klar zu kommen. Und das hilft dabei.


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