Sorgenfrei leben – #75

Viele Menschen verfallen angesichts der Weltlage in Sorgengrübelei, anstatt Vorsorge und Fürsorge zu betreiben. Dieser Beitrag der Serie "Erfahrungen aus der Praxis" weist dir Wege zu einem sorgenfreien Leben – trotz aller oder auch mit allen Katastrophen.

Sorgenfrei leben – #75
© PAL Verlag, unter Verwendung einer Illustration von Christina von Puttkamer

Manchmal kommen Menschen zu mir, die sich so sehr sorgen, dass es schon krankheitswertig ist. Wenn du dir dauerhaft sorgenvolle Gedanken machst, kann das als generalisierte Angststörung bezeichnet werden. Das Ziel liegt dann auf der Hand: dein Leben wieder zu leben, anstatt vor lauter Sorgen über all das, was passieren könnte, angespannt in der Ecke zu sitzen. Eine meiner Textpillen, die ich in diesen Fällen gerne verabreiche, stammt von dem französischen Philosophen Michel de Montaigne:

„Mein Leben war eine einzige Serie von Katastrophen –
von denen die meisten niemals eingetreten sind.“

Gerne lese ich diesen Satz genüsslich vor, mit einer langen Pause nach den „Katastrophen“. Meinem Gegenüber gehen dann meist viele unangenehme, unliebsame, Lebensfreude behindernde Situation durch den Kopf. Richtige Katastrophen finden die meisten Menschen aber nicht so leicht.

Diese Erfahrung bestätigt sich im zweiten Teil des Satzes:

„… von denen die meisten niemals eingetreten sind.“

Der Unterschied zwischen stundenlangem Grübeln und vorausschauendem Handeln

Natürlich ist vorbeugender Brandschutz sinnvoll. Natürlich ist eine vorausschauende Alltags- und Lebensplanung eine gute Grundlage für einen möglichst guten Verlauf. Aber eine Gleichung mit nahezu unendlich vielen Unbekannten ist auch für den besten Mathematiker ein echtes Problem. Es werden sich nie ALLE Eventualitäten vorausplanen lassen. Dein Leben wird immer voller Überraschungen und unvorhersagbarer Ereignisse sein. 

Dennoch ist es sehr sinnvoll, Situationen vorausschauend richtig einzuschätzen und mögliche Gefahren rechtzeitig zu erkennen. Die Stärke aller Naturheilmethoden besteht ja eben genau darin, die Gefahr zu vermeiden, bevor sie eintritt. Im Ayurveda, der ältesten bekannten Heilkunde, gilt deshalb damals wie heute der Rat: Heyam dukham anagatam – Vermeide die Gefahr, bevor sie eintritt. Zieh dich warm an, benutze den Regenschirm, schnall dich an, bevor du dein Auto startest. Wenn du all das tust, bist du kraftvoll, gesund und innerlich hell, während du dafür sorgst, dass Probleme gar nicht erst entstehen. Und mit solch einem Verhalten bist du weit entfernt von stundenlangem Grübeln.

Wenn du grübelst, spielst du üblicherweise immer wieder nur mögliche Gefahren durch, ohne zu befriedigenden Ergebnissen zu kommen. Manche meiner Patientinnen und Patienten sind damit nahezu zwanghaft bis zu zehn Stunden am Tag beschäftigt. Das Typische dieser Gedankenketten besteht darin, dass nicht eine Problemstellung bis zu Ende gedacht wird. Durch das Trudeln von einem Thema zum anderen tauchen dafür immer mehr Gefahren auf statt Lösungen. Das Gefühl der Hilflosigkeit entsteht.

Warum die Katastrophen des Lebens durch Sorgen nicht weniger werden

Die Themen der möglichen Katastrophen sind häufig die gleichen wie die Befürchtungsgedanken bei jedem von uns. Sie beziehen sich auf Krankheit, Familie, Finanzen, Beruf. Es gibt jedoch einen großen Unterschied zwischen der alltäglichen oder gelegentlichen Beschäftigung mit diesen Themen einerseits und krankmachender Grübelei andererseits:

Das Wesen des ungesunden Grübelns und Sorgens liegt im stundenlangen Springen von Thema zu Thema und im maßlosen Übertreiben der möglichen Katastrophen.

Nicht umsonst wurde das Buch von Dale Carnegie „Sorge dich nicht – lebe!“ allein wegen seines Titels ein weltweiter Bestseller mit einer Auflage von 12 Millionen Exemplaren. Ganz gelesen haben es die wenigsten. Dennoch haben sie es gekauft. Weshalb? Eben weil der Titel schon die wichtigste Botschaft beinhaltet: Verplempere deine Zeit nicht mit Sorgen, verbringe deine Zeit lieber mit all dem, was dir Lebensfreude bereitet.

Deshalb lade ich alle Sorgenkünstlerinnen und -künstler, die in meine Praxis kommen, dazu ein, aus ihrer Fähigkeit, sich über mögliche Gefahren Gedanken zu machen, etwas sehr Wertvolles werden zu lassen. Ich lade sie dazu ein, Problemlösungsexpertinnen und -experten, Vorsorge- und Fürsorgemeisterinnen und -meister zu werden.

Wie kann gute Vorsorge funktionieren?

Die Formulierung „vorbeugender Brandschutz“ macht dir schnell klar, worum es geht. Anstatt zu grübeln, was wann wo wie zu welchen schlimmen Folgen führen könnte, gehe real durch dein Haus oder symbolisch durch dein Lebenshaus und führe vorbeugenden Brandschutz aus. Wo gilt es, einen zu nah an der heiß werdenden Lampe hängenden Vorhang zur Seite zu schieben? Wo steht ein Kerzenständer auf einer brennbaren Unterlage? Wo lagern entzündliche Stoffe in der Nähe der Heizung? Wo ist eine Steckdose in Babyhöhe ungesichert und bedarf einer Sicherung? Wo sollte eine Holztür durch eine Brandschutztür ersetzt werden?

Anstatt zu grübeln, können viele sinnvolle Maßnahmen zur Brandverhinderung aktiv durchgeführt werden. Auch im übertragenen Sinne. Zu lesen und zu tun, was hilfreich ist, um für die nächste Prüfung gut vorbereitet zu sein, macht sicherlich mehr Sinn, als darüber zu grübeln, welch unbeantwortbaren Fragen wohl drankommen mögen. 

Zum vorbeugenden Brandschutz gehören auch weiterführende Gedanken und Handlungen. Sinnvoll sind zum Beispiel zusätzliche Überlegungen und Maßnahmen, die zur Verhinderung und Minimierung von Brandübertragung und Brandausbreitung beitragen. Solche Gedanken steigern eher dein Gefühl von Kompetenz als das von Hilflosigkeit. Selbst wenn du noch weitergehst und eine sinnvolle Planung für eine Evakuierung und für Löschmaßnahmen erstellst, bist du weit entfernt von angsterfülltem und Lebensfreude erstickendem Grübeln.

Übertragen auf andere Bereiche des Lebens kann es zum Beispiel wichtig sein, nach einem Streit von dir aus auf dein Gegenüber wieder zuzugehen, um einem dauerhaften Konfliktzustand den Nährboden zu entziehen.
Wenn du dich über etwas, was du gesagt oder getan hast, schlecht fühlst, nimm, sobald es dir möglich ist, mit dem anderen Kontakt auf. Am besten notierst du dir vorher, was du sagen möchtest.

Hilfreiche Hauptpunkte sind folgende: 

  • nochmals kurz beschreiben, was gewesen ist;
  • der oder dem anderen sagen, wie du dich damit fühlst;
  • deinem Gegenüber den Hintergrund dazu erläutern;
  • dein Gegenüber wissen lassen, was du wirklich meintest;
  • deinem Gegenüber sagen, dass du weiterhin Kontakt haben möchtest.

Was ist gute Fürsorge?

Fürsorge für dich und andere bedeutet, anstatt hypnotisiert vor deinen Gedankenketten der Sorge zu sitzen, immer wieder lösungsorientierte Gedanken in dir zuzulassen und die daraus resultierenden Handlungsmöglichkeiten auszuführen. Verdränge also niemals sorgenvolle Gedanken. Mache dir bewusst, dass in jedem sorgenvollen Gedanken eine Aufforderung an dich steckt. Die Aufforderung, für dich selbst, für andere, für Tiere, Pflanzen, für die ganze belebte und unbelebte Welt um dich herum gut und fürsorglich da zu sein.

Dein grübelfreies, mit allen Sinnen im Hier und Jetzt "DA-SEIN" ist dazu die beste Voraussetzung. Loslassen. Stille zulassen. Einfach nur DA SEIN. Immer wieder. Den vertrauensfördernden Urgrund spüren. Das macht dein Herz weit und deinen Geist fähig, viele gute Lösungen zu finden.

Mein Wunsch für dich in der nun beginnenden Adventszeit:

Lebe sorgenfrei! Sorge gut für dich und alle, die deinem Herzen nah sind.

Lass die erste Kerze an deinem Adventskranz ein Lächeln auf dein Gesicht zaubern. Lächle bei jeder weiteren und bei all den Kerzen in der Vorweihnachtszeit, die nach deinen vorbeugenden Brandschutzmaßnahmen nun mühelos heilige Stille und das Licht der Zuversicht verbreiten können.

Dein 

Gert Kowarowsky

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 Wie kann gute Vorsorge funktionieren?
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