Häufige depressiv machende Gedanken. Leseprobe aus dem Ratgeber Depressionen des Psychotherapeuten Dr. Rolf Merkle "Wenn das Leben zur Last wird".
Im Folgenden möchte ich Ihnen häufige depressiv machende Gedanken vorstellen und Ihnen dazu hilfreiche Gedanken vorschlagen.
Ich bin meiner Arbeit nicht mehr gewachsen. Das ist furchtbar. Ich bin zu nichts mehr zu gebrauchen.
Wenn Sie berufstätig sind, denken Sie vielleicht noch: Wenn das noch lange so weitergeht, dann verliere ich meine Arbeit, und dann ist sowieso alles aus. Entspricht dieser Gedanke den Tatsachen? Was meinen Sie?
Die Antwort lautet: Ja und nein. Es mag sein, dass Sie Ihrer Arbeit nicht mehr gewachsen sind, dass Sie sich überfordert fühlen und länger brauchen, um Ihre Arbeit zu erledigen. Insoweit stimmt dieser Gedanke also vielleicht mit den Tatsachen überein.
Wie steht es mit Ihrer Schlussfolgerung, dass das furchtbar ist und dass Sie zu nichts mehr zu gebrauchen sind? Ist das eine Tatsache? »Natürlich«, werden Sie sagen. »Ich empfinde das so.« Okay, Sie empfinden es so, aber heißt das auch, dass dieser Gedanke tatsächlich den Tatsachen entspricht?
Eine Frage: Können Sie sich vorstellen, dass es noch etwas Schlimmeres gibt als die Tatsache, dass Sie Ihrer Arbeit nicht mehr gewachsen sind? Überlegen Sie einen Moment, ehe Sie weiterlesen. Was meinen Sie?
Wäre es für Sie nicht schlimmer, Ihr Partner oder ein Ihnen sehr nahestehender Mensch würde sehr krank werden oder sterben? Wäre es nicht schlimmer, Sie würden durch einen Verkehrsunfall ein Bein verlieren oder gelähmt werden?
»Natürlich«, werden Sie antworten. Folglich ist die Tatsache, dass Sie Ihrer Arbeit nicht mehr gewachsen sind, also nicht furchtbar. Das ist eine Übertreibung. Stimmen Sie mir zu? Richtiger wäre es, wenn Sie diese Tatsache für nur bedauerlich oder ärgerlich hielten. Wenn wir etwas für furchtbar halten, dann tun wir so, als sei das die schlimmste Sache der Welt, so als sei das eine absolute Katastrophe. Dem ist jedoch nicht so.
Es gibt immer noch etwas, das schlimmer und tragischer ist. Deshalb tun wir uns keinen Gefallen, wenn wir uns einreden, etwas sei furchtbar, ganz abgesehen davon, dass dies nicht den Tatsachen entspricht.
Auch Ihre Schlussfolgerung, dass Sie zu nichts mehr zu gebrauchen sind, entspricht nicht den Tatsachen. Auch wenn ich Sie nicht kenne, glaube ich nicht, dass Sie gar nichts mehr tun, dass Sie zu nichts mehr zu gebrauchen sind. Auch das ist eine Übertreibung. Sie tun vielleicht wenig, gemessen an früher. Aber nichts? Richtig?
Ein hilfreicher Gedanke wäre: Ich komme meiner Arbeit nicht mehr so gut und schnell nach wie früher. Das stimmt. Das ist ganz normal, wenn man depressiv ist. Sobald ich aus meinem Stimmungstief herausbin, wird mir meine Arbeit auch wieder besser von der Hand gehen. Ich helfe mir nicht, wenn ich mir einrede, dass es furchtbar ist, nicht mehr so gut mit meiner Arbeit zurechtzukommen. Wenn man sich ein Bein gebrochen hat, kann man schließlich auch nicht so gut gehen wie mit einem gesunden.
Jetzt schaffst du noch nicht einmal mehr das.
Entspricht der Gedanke den Tatsachen?
Es mag sein, dass Sie etwas nicht mehr können, was Sie früher konnten. Sie können vielleicht nicht mehr lachen, tun sich sehr schwer, morgens aufzustehen, Sie haben keinen Spaß mehr an Ihren Hobbys, Sie können sich nicht mehr so gut konzentrieren oder tun sich schwer, sich etwas zu merken. Dies alles entspricht den Tatsachen.
Mit Ihrer Bemerkung, dass Sie noch nicht einmal das mehr schaffen, wollen Sie jedoch noch etwas zum Ausdruck bringen: Sie wollen damit sagen, dass das furchtbar und eine Katastrophe ist. Richtig? Es kommt Ihnen vor, als sei das eine Tragödie. Ist dem aber wirklich so? Nein. Wie wir bereits bei der Überprüfung des letzten Gedankens gesehen haben, übertreiben wir maßlos, wenn wir uns einreden, etwas sei furchtbar. So ist es auch hier.
Es ist keine Katastrophe, dass Sie sich Dinge momentan nicht so gut merken können wie früher, dass Sie sich nicht mehr richtig freuen können. Sicher. Es wäre schöner, wenn Sie diese Fähigkeiten noch hätten, aber bestimmt ist ihr Verlust keine Katastrophe - auch wenn Sie es so empfinden.
Sie sehen: Dieser Gedanke ist nicht hilfreich.
Ein hilfreicher Gedanke wäre: Wenn man deprimiert ist, dann fällt einem vieles schwerer. Das ist unangenehm, aber unvermeidbar. Ich erledige meine Arbeit, so gut es geht. Das ist alles, was ich im Moment tun kann. Sobald ich mich besser fühle, komme ich auch mit meiner Arbeit wieder besser klar.
Alles ist sinnlos.
Entspricht der Gedanke den Tatsachen?
Tatsache ist, dass Sie so denken und empfinden. Heißt das aber auch, dass tatsächlich alles sinnlos ist? Wenn Sie objektiv darüber nachdenken, dann werden Sie zu dem Schluss kommen, dass Sie damit übertreiben. Warum? Weil nicht alles sinnlos ist. Ist es sinnlos, dass Sie versuchen, sich selbst mit Hilfe dieses Buches zu helfen?
Wenn Sie gerade mit »Ja« geantwortet haben, dann frage ich Sie: »Woher wissen Sie das? Wie können Sie wissen, dass etwas sinnlos ist, wenn Sie es noch nicht richtig probiert haben? Ist es sinnlos, dass Sie einen Partner haben?« Nein. Auch wenn Ihnen im Moment alles sinnlos erscheinen mag, so ist dem bei objektiver Betrachtung nicht so. Also entspricht der Gedanke nicht den Tatsachen.
Sie sehen: Ebenfalls ein schädlicher Gedanke, mit dem Sie sich keinen Gefallen tun.
Ein hilfreicher Gedanke wäre: Mir erscheint alles sinnlos, weil ich mir häufig sage, dass alles sinnlos ist. Je mehr ich es schaffe, meine negativen Gedanken zu überwinden, umso mehr werde ich wieder das Gefühl haben, dass mein Leben einen Sinn hat.
Es ist alles hoffnungslos.
Entspricht der Gedanke den Tatsachen?
Nein. Solange Sie nicht aufgeben und vor allem, solange Sie sich selbst nicht aufgeben, ist nichts hoffnungslos, auch wenn es Ihnen so scheint. Sie können Ihre Depression überwinden und wieder Freude verspüren - wenn Sie aufhören, sich einzureden, dass alles hoffnungslos ist.
Sie sehen: Wieder ein schädlicher Gedanke.
Ein hilfreicher Gedanke wäre: Hinter den dunklen Wolken scheint die Sonne. Diese gehen vorrüber. Wenn ich meine negativen Gedanken vertreibe, dann kommen auch wieder die Sonne und die Hoffnung zum Vorschein. Depressionen sind kein Schicksal, mit dem man leben muss. Ich kann sie überwinden.
Ich halte das nicht mehr aus.
Entspricht der Gedanke den Tatsachen?
Überlegen Sie kurz. Die Antwort ist: Nein. Wenn Sie Ihren Zustand tatsächlich nicht mehr aushalten könnten, dann würden Sie nicht diese Zeilen lesen. Sie wären tot. Tatsache ist, Sie können Ihre Depression ertragen, auch wenn es schmerzhaft ist. Stimmen Sie mir zu?
Sie sehen: Auch ein nicht hilfreicher Gedanke.
Ein hilfreicher Gedanke wäre: Ich kann es ertragen, dass ich deprimiert bin, auch wenn ich mich schwertue.
Niemand kann mir helfen. Ich bin ein hoffnungsloser Fall.
Entspricht der Gedanke den Tatsachen? Sie meinen, das stimmt? Woher wollen Sie das wissen?
Tatsache ist: Sie denken das, ohne dafür einen Beweis zu haben. Sie müssten es auf einen Versuch ankommen lassen und sich an einen Psychotherapeuten wenden. Auch wenn Sie schon einmal eine Therapie gemacht haben und wieder rückfällig wurden, ist das kein Beweis, dass Ihnen nicht zu helfen ist. Manchmal braucht es einen zweiten und dritten Anlauf, um Erfolg zu haben.
Sie sehen: Niemand kann mir helfen. Ich bin ein hoffnungsloser Fall. ist pessimistischer Gedanke.
Ein hilfreicher Gedanke wäre: Ich bin nicht der einzige Mensch auf der Welt, der deprimiert ist. Anderen wurde schon geholfen, also kann mir auch geholfen werden. Eine Depression ist heilbar.
Ich vergesse alles. Ich habe total abgebaut.
Entspricht der Gedanke den Tatsachen?
Nein. Sie vergessen manches, aber nicht alles. Richtig? Auch stimmt es nicht, dass Sie total abgebaut haben. Das ist eine Übertreibung. Stimmen Sie mir zu?
Sie sehen: Ein pessimistischer Gedanke, der Ihnen nicht hilft.
Ein hilfreicher Gedanke wäre: Manches vergesse ich, manches behalte ich. Allen Menschen geht das so. Ich fühle mich schwächer, ich habe Probleme, mich zu konzentrieren, aber deshalb habe ich körperlich und geistig nicht total abgebaut.
Nichts macht mir mehr Spaß.
Entspricht der Gedanke den Tatsachen?
Nein. Tatsache ist, es gibt momentan weniger Dinge, die Ihnen noch Spaß machen. Sie können sich nicht mehr über Dinge freuen, über die Sie sich früher freuen konnten. Es gibt jedoch bestimmt noch Kleinigkeiten, über die Sie sich freuen können, oder?
Sie sehen: Ein pessimistischer Gedanke, der Ihnen nicht hilft.
Ein hilfreicher Gedanke wäre: Ein paar Dinge sind mir geblieben, über die ich mich manchmal freuen kann. Die Anlässe, über die ich mich freuen kann, werden mehr, wenn es mir besser geht.
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