"Come, sing a song of joy for peace and understanding" – unter dieses Motto stellt der Psychotherapeut Gert Kowarowsky diesen Beitrag der Serie "Erfahrungen aus der Praxis" zum Thema Lebensfreude.
Wenn es schwierig wird im Leben, schauen sich viele Menschen nach Hilfe um. Und das ist gut so. Denn das ist ja das Schöne, dass die des Wegs Kundigen den nach dem Weg Fragenden hilfreiche Hinweise geben können.
Was dir jedoch niemand von außen zu geben vermag, ist die Antwort auf die Frage, wohin es für dich zu gehen am besten ist. Zu welcher Zeit an welchen Ort zu gehen, um was mit wem zu tun – das zu entscheiden wird immer deine Aufgabe bleiben.
Dennoch haben Menschen seit Urzeiten auch dafür um Hilfe von außen gesucht. Das Orakel von Delphi, Astrologen, Sterndeuter, Jyotishis, Kundige des I Ging wurden befragt, und auch heute haben Handlinienleser, Kartenlegerinnen oder Wahrsagende mit allerlei Hilfsmitteln wie Kaffeesatz, Pflanzenhalme, Münzen oder Vogelflugbeobachtungen gut zu tun.
Der Wunsch, die Verantwortung für die Folgen eigener Handlungen nicht vollumfänglich tragen zu müssen, scheint bei vielen von uns tief zu sitzen.
Paul zum Beispiel formulierte es in einem seiner Gespräche mit mir so: "Am wohlsten fühle ich mich, wenn mein Partner alles für mich entscheidet und ich selbst keinerlei Entscheidung treffen muss. Egal, ob es darum geht, was wir heute essen, welches Auto das in die Jahre gekommene nun ersetzen soll oder, ganz aktuell, für welchen der zwei möglichen Jobs ich mich entscheiden soll. Wenn mir mein Partner sagt, was ich tun und lassen soll, ärgert mich das so gut wie nie. Im Gegenteil, es entspannt mich zutiefst. Denn egal, was dabei herauskommt – ich trage ja nicht die Verantwortung dafür. Ich habe ja nur getan, wozu er mir geraten hat …"
Diesen vollen Ausprägungsgrad einer dependenten Persönlichkeitsstruktur werden zwar nur die wenigsten bei sich zu orten vermögen. Und dennoch gibt es immer wieder Situationen, in denen wir uns alle wie im Märchen das ein oder andere Mal wünschen: "Ach, wenn doch was käme und mich mitnähme …" – mitnähme heraus aus der Unentschlossenheit, dem Zögern und Zaudern.
Eigene Entscheidungen zu treffen, kann man jedoch lernen. Und zwar nach besseren Regeln als jene, die ich zufällig in einem Postershop auf einem riesigen Plakat entdeckte: Eine Frau erklärt einer Freundin, wie sie Entscheidungen trifft, wenn ihr etwas sehr gut gefällt, was sie aber nicht wirklich benötigt und was viel zu teuer ist: "Augen zu – und Karte durch …"
Gute Entscheidungen zu treffen, hat damit zu tun, dass du dir selbst grundsätzlich vertraust. Selbstwertschätzung ist die Basis. Entscheidungen zu treffen, fällt dir umso leichter, je mehr du die folgenden 5 Grundüberzeugungen bereits in dir trägst oder lernst, sie dir anzueignen:
Grundüberzeugung Nr. 1
„Ja, ich habe prinzipiell die Fähigkeit zu denken; ich kann mich auf meinen eigenen Verstand verlassen.“
Grundüberzeugung Nr. 2
„Ja, ich bin prinzipiell den Herausforderungen des Lebens gewachsen.“
Grundüberzeugung Nr. 3
„Ja, Misserfolge und wiederholtes Scheitern sind auch Teil des Weges zum Erfolg.“
Grundüberzeugung Nr. 4
„Ja, ich bin es wert, erfolgreich und glücklich zu sein.“
Grundüberzeugung Nr. 5
„Ja, ich bin liebenswert, genauso wie ich bin.“
Natürlich schließt das nicht aus, Fehler zu machen, aus ihnen zu lernen und es das nächste Mal besser zu machen. Menschen mit diesen Grundüberzeugungen sind Menschen, die über ein gesundes und starkes Selbstwertgefühl verfügen.
Eine meiner Therapielehrerinnen, die Kanadierin Danie Beaulieu, ermutigte immer wieder dazu, bei der Arbeit an zunehmendem Lebensglück und zunehmender Lebensfreude die vier Ps nicht zu vergessen: „Denk immer an die vier Ps, denk immer an "Le P P P P – le Plus Petit Pas Possible“: Denk immer an den kleinstmöglichen Schritt.
Was ist das Kleinstmögliche, das dir an Veränderungen vorzunehmen möglich ist? Was ist die kleinstmögliche Einflussnahme auf das, was jetzt in deinem Leben verbessert werden könnte? Ändere dieses Kleinstmögliche.
Und vergiss nicht zu feiern! Feiere in jedem Moment das, was da ist. Morgen kommt nie. Wenn du etwas ändern möchtest hin zu mehr Lebensfreude, beginne mit dem dir Möglichen. Selbst wenn es nur das Allerkleinste dir Mögliche sein sollte, kann daraus im Laufe der Zeit etwas sehr Großes an positiver Veränderung werden. Feiere jeden Tag alles, was du hast. Schau auf das, was geht, was du wertschätzen kannst, wofür du dankbar sein kannst, was dir guttut.
Und vergiss nie zu singen – denn singen lässt die Glücksmoleküle in dir tanzen. Und am allerbesten tanzt du gleich mit ihnen mit. Lass dich von mir, Julio Iglesias und Ludwig van Beethoven zu einem der legendären Freudengesänge einladen:
"Ja! Come, sing a song of joy for peace and understanding …"
Oder sing, welches Lied auch immer dich heute zum Mitsingen und Mittanzen ganz besonders animieren mag.
Genieße jeden Tag. Auch heute!
Dein
Gert Kowarowsky
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