Herbst- und Winterdepression: So bekommst du die saisonal bedingte Depression (SAD) in den Griff

Winterblues oder schon Winterdepression? Wie du Antriebslosigkeit, Müdigkeit und trübe Gedanken in der kalten Jahreszeit überwinden kannst, erfährst du in diesem Beitrag.

Herbst- und Winterdepression: So bekommst du die saisonal bedingte Depression (SAD) in den Griff
© Johannes Plenio, unsplash.com

Es ist Spätherbst oder Winter: Die Tage werden deutlich kühler, morgens wird es erst spät hell, wenn wir Pech haben, kommen wir bei Dunkelheit im Büro an und verlassen es erst wieder, wenn es Nacht ist. Der Himmel ist wolkenverhangen und Nebel hängt zwischen den Häusern und Bäumen. Die Welt ist grau in grau. Es ist die Zeit, in der die Sonnentage und Sonnenstunden geringer werden und viele Menschen in Trübsal und Antriebslosigkeit verfallen. Für die meisten Menschen ein ganz normaler, jährlich wiederkehrender Prozess, mit dem sie mehr oder weniger gut umgehen können, für einige aber der Beginn einer Winter- oder Herbstdepression, die die Betroffenen bis zum Frühjahr fest im Griff hat, wenn sie nicht gezielt gegensteuern.

Was ist eine Winterdepression?

Jahreszeitliche Stimmungsschwankungen sind seit der Antike überliefert, aber von saisonal abhängiger Depression (SAD, engl. seasonal affective disorder), wie die Winterdepression oder Herbstdepression in der psychologischen Fachsprache heißt, spricht man erst seit 1987. Winterdepressionen beginnen im Herbst (Oktober/November) und verschwinden spontan im Frühjahr (März/April), wenn die Tage wieder länger und heller werden.

Die SAD ist eine Depressionsstörung, die im Steigen begriffen ist. In unseren Breiten kämpfen ca. 10–20 Prozent der Bevölkerung mit dem Winterblues oder einer leichten Form von Winterdepressionen, weitere 5 Prozent leiden an einer schweren saisonal bedingten Depression. Frauen leiden drei- bis viermal häufiger als Männer an einer Winterdepression. Bei den meisten Betroffenen machen sich die Symptome in den Zwanzigern zum ersten Mal bemerkbar, aber auch Kinder und Ältere können erkranken. Mit zunehmendem Lebensalter werden die Beschwerden einer Winterdepression stärker.

Was unterscheidet eine Winterdepression vom Winterblues oder einer klassischen Depression?

Aber nicht jeder traurige Gedanke oder jede Müdigkeit, die uns tagsüber überfällt, müssen gleich auf eine Winterdepression hindeuten. Bis zu einem gewissen Grad sind Abgeschlagenheit, Energielosigkeit, Melancholie und Müdigkeit ganz normale Reaktionen des Menschen auf den Lichtmangel in der kalten Jahreszeit. Oft handelt es sich dann um den sog. Winterblues, einer leichteren Form der depressiven Verstimmung. Fast ein Viertel der Deutschen kennt diese Form der wetter- und lichtabhängigen Stimmungsschwankungen. Sie treten aber nicht permanent, sondern maximal bis zu zwei Wochen am Stück auf und sind nicht behandlungsbedürftig.

Die Diagnose einer saisonalen Depression hingegen wird dann gestellt, wenn die depressive Episode mindestens zwei Wochen am Stück anhält, sich trotz Bemühungen kaum Besserungen zeigen und die im Herbst auftretenden und im Frühjahr verschwindenden Beschwerden sich in zwei Jahren in Folge wiederholen – und dazwischen keine anderen depressiven Phasen auftreten.

Wenn du merkst, dass dich die Winterdepression so sehr belastet, dass du in deinem Alltag eingeschränkt wirst oder der Leidensdruck sehr hoch ist, solltest du unbedingt eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten aufsuchen. Mit diesen kannst du auch abklären, ob es sich um eine Herbst- oder Winterdepression handelt oder um eine klassische Depression, die ganzjährig auftritt und teils andere Symptome aufweist, und entsprechende Therapieformen wie z. B. eine Lichttherapie erläutern.

Welche Anzeichen und Symptome zeichnen eine Winterdepression aus?

Bei der Herbst- oder Winterdepression treten neben den typischen Symptomen einer klassischen Depression noch atypische Symptome auf, die mindestens zwei Wochen anhalten.

Klassische Symptome einer Depression sind u. a.:

  • gedrückte Stimmung
  • tiefe Niedergeschlagenheit
  • Antriebslosigkeit und Mattigkeit
  • Energiemangel
  • innere Leere
  • fehlendes Interesse an sozialen Kontakten oder Dingen, die früher Freude bereitet haben
  • Müdigkeit
  • Gereiztheit und Unkonzentriertheit

 

Atypische Symptome einer klassischen Depression, die bei einer Winterdepression aber vermehrt auftauchen:

  • vermehrtes Schlafbedürfnis (im Gegensatz zur klassischen Depression, wo meist Schlafstörungen vorliegen)
  • vermehrtes Verlangen und Heißhunger nach süßen und kohlehydratreichen Lebensmitteln, oft verbunden mit Gewichtszunahme (im Gegensatz zur klassischen Depression, bei der oft Appetitverlust und Gewichtsabnahme symptomatisch sind)

Typisch für eine Herbstdepression sind außerdem ein vermindertes Interesse an sozialen Kontakten und Aktivitäten, Konzentrationsstörungen und mangelnde Motivation.

Was sind die Ursachen einer Winterdepression?

Licht ist die Quelle für Leben, für Freude und Wohlbefinden. Auch biologisch. Und so spielt das mangelnde Licht in den Herbst- und Wintermonaten – neben genetischen und stressbedingten Dispositionen – eine entscheidende Rolle für die Entstehung von saisonal bedingten Depressionen.

1. Melatonin-Überschuss

Es wird vermutet, dass die saisonal abhängige Depression auf unsere Entwicklungsgeschichte zurückzuführen ist. Der Psychiater Dr. Peter Whybrow erklärt: "Die saisonal abhängige Depression ist nichts anderes als die Vorbereitung des Körpers auf den Winterschlaf: nur, dass der Winterschlaf beim Menschen eben nie eintritt. Ausgelöst wird der Vorgang durch die kürzeren Tageslichtperioden und die fallenden Temperaturen im Herbst."

Für den Befehl "Winterschlaf vorbereiten" ist unsere Zirbeldrüse verantwortlich. Die Zirbeldrüse ist nur fingernagelgroß, sitzt in unserem Gehirn und ist sehr lichtempfindlich. Wenn im Herbst und Winter zu wenig Licht auf die Netzhaut fällt, produziert die Zirbeldrüse mehr von dem Hormon Melatonin. Melatonin ist für unseren Schlafrhythmus mitverantwortlich. Es lässt uns nachts gut schlafen, lähmt aber tagsüber unseren Antrieb und wirkt einschläfernd. Auch wenn wir das Tageslicht nicht steuern können, heißt dies nicht, dass alle, die unter einer Winterdepression leiden, dieser ausgeliefert ist.

2. Serotonin-Mangel

Die Produktion von Melatonin geht auf Kosten des Serotonins, des Glücksbotenstoffs. Im Winter, der lichtarmen Jahreszeit, wird zu wenig Serotonin ausgeschüttet, unsere Stimmung wird dadurch beeinträchtigt und die Entstehung einer Depression gefördert.

3. Vitamin D-Mangel

Der Lichtmangel im Winter führt auch dazu, dass sehr viele Menschen einen Vitamin D-Mangel haben. Vitamin D wird hauptsächlich über das Sonnenlicht auf der Haut produziert, was im Winter, wenn wir dick eingepackt sind und uns oft drinnen aufhalten, erschwert wird. Wissenschaftliche Studien konnten belegen, dass eine Winterdepression oftmals auch mit einem Vitamin D-Mangel einhergeht. Hier können hochdosierte Vitamin D-Präparate (verschreibungspflichtig) Abhilfe schaffen.

8 Tipps zur Vorbeugung und Behandlung einer Winterdepression

Tipp 1:Bei einer Winterdepression helfen Licht und Bewegung

Bewege dich also tagsüber viel im Freien – mindestens eine halbe Stunde täglich – und auch bei schlechtem Wetter. Regelmäßige und tägliche Bewegung im Freien – ob beim Spazierengehen, Radfahren, Joggen oder Winterwandern – bringt deine Psyche und deinen Stoffwechsel auf Trab.

Dein Serotonin-Spiegel wird erhöht und das führt zu einer Stimmungsaufhellung. Wenn du die Möglichkeit hast, dann verbringe einige Tage im Gebirge oder am Meer in der Sonne.

Tipp 2:Nutze eine Lichttherapie

Die Lichttherapie ist eine anerkannte und erfolgreiche Therapieform bei Winterdepressionen. Wer stark unter einer Winterdepression leidet, kann bei einem/r darauf spezialisierten Arzt /Ärztin oder in der Ambulanz einer Klinik eine Lichttherapie mit Tageslicht-Vollspektrumlampen (ohne UV-Strahlung!) machen. Täglich 30 Minuten Lichtbestrahlung mit 10.000 Lux oder täglich zwei Stunden bei 2.500 Lux reichen aus, um deutliche Verbesserungen bei den Betroffenen zu erzielen. (Zum Vergleich: In einem normal beleuchteten Zimmer schwankt die Lichtstärke zwischen 100 und 200 Lux.) Die Lichtbehandlung erfolgt am besten morgens, man kann dabei lesen oder frühstücken.

Bei 60 bis 70 Prozent der Betroffenen reicht eine Woche Lichttherapie, um den ganzen Winter ohne Wintertrübsal zu verbringen.

Tipp3:Achte auf deine Ernährung

Besonders gut sind kalorienarme Kost, viel frisches Obst und Gemüse. Du darfst dir aber auch ab und an Schokolade oder Kuchen gönnen, denn Süßigkeiten enthalten Stoffe, die im Körper zu Serotonin umgebaut werden – was die Stimmung bessert.

Tipp4:Umgib dich mit belebenden Farben, die das Sonnenlicht nachahmen

Bunte Kissenbezüge in Orange-, Gelb- und Rottönen, eine rote Tischdecke oder ein Bild mit fröhlichen Farben wirken schon kleine Wunder. Ein Blumenstrauß oder ein buntes Kleid oder Hemd helfen auch, die Stimmung zu verbessern. Farben sind Streicheleinheiten für die Seele.

Tipp5:Nutze die positive Wirkung von Düften

Bergamotte- und Jasminöl in der Aromalampe hellen die Stimmung auf, Lavendel wirkt beruhigend und Zitrusdüfte wie Orange und Zitrone regen an. Diese Düfte rufen in deinem Gehirn vielleicht schöne Erinnerungen und Bilder an den Sommer hervor.

Tipp6: Schalte deine Lieblingsmusik ein und bewege dich im Rhythmus der Musik

Besser wäre es noch, du würdest zur Musik tanzen. Wenn du gerne singst, suche dir Musik zum Mitsingen. Jede Bewegung ist depressionsmindernd – auch bei anderen Depressionsformen.

Tipp 7:Mit Johanniskraut gegen das Wintertief

Die positiven Effekte bei der Behandlung von leichten bis mittleren Depressionen sind für das Johanniskraut inzwischen gut nachgewiesen. Zudem steigert es auch die Lichtempfindlichkeit, das Auge kann mehr Licht aufnehmen, was bei der Winterdepression ja sehr relevant ist.

Hochdosiertes Johanniskraut ist rezeptpflichtig. Die im Supermarkt und in der Drogerie erhältlichen Johanniskraut-Präparate sind in der Regel zu niedrig dosiert. Bitte berate dich mit deiner Ärztin oder deinem Arzt über mögliche Neben- und Wechselwirkungen.

Tipp 8:Bei einer Winterdepression helfen auch positive und aufmunternde Gedanken

Wie bei allen seelischen Problemen spielen auch bei Winterdepressionen deine Einstellungen eine wichtige Rolle. Wenn du dir einredest, dass jetzt die dunkle, schwere Jahreszeit kommt, oder dass du bestimmt wieder depressiv wirst, dann wirst du schwermütig und deine Stimmung geht in den Keller. Die Gute-Laune-Fragen bringen dich auf andere Gedanken und hellen deine Stimmung auf.

Was tun, wenn Bewegung und Licht gegen die Winterdepression nicht mehr helfen?

Sollte sich deine Winterdepression trotz dieser Tipps nicht bessern, vereinbare einen Termin bei einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten. Möglicherweise verbergen sich hinter deiner Depression andere Ursachen als die lichtarme Jahreszeit.

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 Was ist eine Winterdepression?
 Was unterscheidet eine Winterdepression vom Winterblues oder einer klassischen Depression?
 Welche Anzeichen und Symptome zeichnen eine Winterdepression aus?
 Was sind die Ursachen einer Winterdepression?
 8 Tipps zur Vorbeugung und Behandlung einer Winterdepression
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