Ein Auge nach innen, ein Auge nach außen – #67

Wie kannst du deinen eigenen Weg gehen und dein Ding machen, ohne dich dabei von außen verwirren zu lassen? Da hilft der Blick in beide Richtungen. Wie du ihn anwendest, erfährst du in diesem Beitrag der Serie "Erfahrungen aus der Praxis".

Ein Auge nach innen, ein Auge nach außen – #67
© PAL Verlag, unter Verwendung einer Illustration von Christina von Puttkamer

Ganz häufig geht es in der Therapie um die Balance zwischen den eigenen Wünschen, Sehnsüchten und Zielen und den Erwartungen, Hoffnungen, Befürchtungen anderer an dich. Blickst du oft ängstlich auf andere und fürchtest ihr Urteil, ob ihnen dein Weg passt? Ist es deine Gewohnheit, immer zuerst zu schauen, ob alle alles haben, was sie brauchen und möchten? Oder kannst du bereits gut, kraftvoll und entspannt deinen Weg gehen?

Gehe deinen eigenen Weg

Darum geht es: Gehst du zielstrebig deinen Weg und bist du gleichzeitig offen für das, was von außen an dich herangetragen wird? Deinen eigenen Weg gehen zu können, auch wenn du wahrnimmst, was andere kritisch darüber denken und welche Bedürfnisse sie selber haben – diese Fähigkeit zu entwickeln bedarf einer Technik. Es bedarf der Technik, deine beiden Augen offen zu halten, und zwar:

Ein Auge nach innen - ein Auge nach außen.

Sei dir klar darüber, was du möchtest und brauchst. Und bleibe achtsam dafür, was dein Gegenüber, andere, letztlich die Welt, in der du lebst, von dir brauchen.

Und umgekehrt genauso: Wenn, du imstande bist zu erfassen, was dein Gegenüber, andere, die Welt, in der du lebst, von dir brauchen – vergiss nie, auch nach innen zu schauen, was du selbst möchtest und brauchst.

Richte immer deinen Blick in beide Richtungen

Deinen Weg kraftvoll und entspannt zu gehen ist umso leichter, je klarer du für dich entschieden immer mit beiden Augen schaust:

Mit dem Auge nach innen schaue klar und unbeirrt danach, was du selbst brauchst und möchtest.

Und mit dem Auge nach außen schaue klar und offen auf das, was die anderen sich von dir wünschen und brauchen.

Dieser Blick in beide Richtungen hilft dir zu maximaler Stabilität im Verfolgen deiner Ziele. Plötzliche Einwände oder Kritik können dich dann nie wie der berühmte Blitz aus heiterem Himmel treffen. Du weißt um deine Ziele. Du weißt um deinen Weg. Und du weißt, dass es da draußen eine Welt gibt, die ihre eigenen Vorstellungen, Bedürfnisse und Gesetzmäßigkeiten hat. Beides hast du im Blick, wenn du es dir zur Gewohnheit machst, immer mit beiden Augen zu schauen: ein Auge nach innen, ein Auge nach außen.

Das ist auch die beste Grundlage, um Burnout zu vermeiden, noch ehe der Zustand des Ausgebranntseins eintreten könnte. Wann immer du gerade ganz besonders darauf ausgerichtet bist, für andere oder für eine besondere Angelegenheit aktiv zu sein, hilft dir der gleichzeitige Blick nach innen dabei, gut und ausreichend für deine eigenen Bedürfnisse zu sorgen.

Eine Fallgeschichte

Leonie war vor einem Jahr gerade dabei, sich selbständig zu machen. Ihre Webseite hatte sie auf kreative Art und Weise eigenständig erstellt. Voller Stolz zeigte sie ihren Eltern das Ergebnis. Bis dahin hatte sie mit ihren Eltern ein ganz herzliches und liebevolles Verhältnis gehabt.

Womit sie überhaupt nicht gerechnet hatte, waren die heftigen abwertenden Kommentare ihres Vaters: „Glaubst du wirklich, dass die Leute so einen Mist ernst nehmen? So kannst du dich doch unmöglich in der Öffentlichkeit darstellen!“ Leonie war völlig geschockt. Das hatte sie wirklich nicht erwartet.

Wie wir es erarbeitet hatten, richtete sie zuerst ihren Blick nach innen. Sie schaute auf ihre eigenen Gedanken, die hinter ihrem Entwurf standen, schaute auf die Übereinstimmung zwischen ihrem Ziel und der Ausarbeitung und befand sie nach wie vor als sehr stimmig und für sie in allen Belangen passend. Beim zweiten Blick nach außen auf ihren Vater konnte sie seinen emotionalen Aufruhr erkennen: dass seine Tochter dabei war, das zu schaffen, wovon er immer geträumt hatte –berufliche Selbständigkeit.

Sie erkannte, dass diese Kritik nicht ihr oder ihrer Webseite galt, sondern lediglich eine emotionale Entladung ihres Vaters war, der sich mit seinem eigenen nicht gelebten Traum konfrontiert sah. Und ganz sicher spielte dabei auch noch seine Befürchtung mit, dass seine Tochter als Selbständige wortwörtlich nur noch selbst und ständig am Arbeiten sein würde, ohne ausreichend Zeit für ihre Eltern zu haben.

So massiv diese Kritik auch war, sie warf Leonie nicht aus der Bahn. Ihr klarer Blick sowohl nach innen als auch nach außen auf die emotionale Turbulenz in ihrem Vater ließ sie unbeirrt ihren Weg fortsetzen. Und das mit Erfolg. Heute, ein Jahr nachdem sie mit ihrer Webseite online ging, floriert die Nachfrage nach den Dienstleistungen ihres neu gegründeten Unternehmens.

Entgegen aller Befürchtungen der Eltern, ihre Tochter überhaupt nicht mehr zu Gesicht zu bekommen, achtete Leonie darauf, in ihrem sich nun tatsächlich rasch füllenden Terminplan immer wieder auch bewusst Familienzeit einzuplanen.

Ihre Aufträge stammen übrigens zu 80 Prozent aus Anfragen über genau diese von ihrem Vater damals so geschmähte Webseite …

Mach dein Ding

Dein Ding zu machen, schließt niemals aus, mit anderen verbunden zu bleiben. Und umgekehrt: mit anderen verbunden zu bleiben, darf niemals ausschließen, dass du deinen Weg gehst.

Mach dein Ding!

Mach es mit offenen Augen! Mach dein Ding zweiäugig:

Ein Auge nach innen - ein Auge nach außen.

Viel Spaß dabei, dein Leben kraftvoll und liebevoll zu leben,

wünscht dir 

Dein

Gert Kowarowsky

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