Was versteht man unter Achtsamkeit?

Achtsamkeit ist die offene und akzeptierende Haltung gegenüber dem, was du wahrnimmst. Dieser Lebenshilfe-ABC-Beitrag erklärt, warum Achtsamkeit wichtig ist und wie du achtsamer werden kannst.

Was versteht man unter Achtsamkeit?
© PAL Verlag, unter Verwendung eines Fotomotivs von unsplash.com

Jeder Mensch, egal wie erfolgreich oder glücklich, trifft im Laufe des Lebens auf verschiedene Herausforderungen: Schicksalsschläge, Krisen, Stress und Belastungen. Achtsamkeit kann dabei helfen, einen guten Umgang mit diesen Herausforderungen des Lebens zu finden und Zufriedenheit und Lebensfreude zu finden und zu erhalten.

Achtsame Menschen haben eine offene, neugierige und akzeptierende Haltung gegenüber allem, was sie gerade wahrnehmen und tun. Dazu gehören Gedanken, Fantasien, Erinnerungen, Gefühle, Sinneserfahrungen, körperliche Reaktionen und äußere Vorgänge. Achtsamkeit wird häufig mit einer Meditation kombiniert.

Ziel der Achtsamkeit ist es, sich mit allen Sinnen voll und ganz auf das einzulassen, was du mit deinen Sinnen wahrnimmst und ganz bei dem zu sein, was du gerade erlebst und tust. Das kann ein Sonnenaufgang oder ein Schmetterling sein , ein leckerer Wein oder die Berührung durch deine Partnerin oder deinen Partner. Unvoreingenommen und neugierig riechen, schmecken, fühlen, staunen und genießen – ohne eine Wertung abzugeben, das ist Achtsamkeit.

Kurzum: Hingabe an den Augenblick!

Warum ist Achtsamkeit wichtig?

Achtsamkeit hilft uns dabei:

  • die Welt neu zu entdecken – z.B. nehmen wir bewusst den Gesang der Vögel wahr oder das fröhliche Kinderlachen vom nahen Spielplatz.
  • uns neu zu erleben – z.B. spüren wir die Wärme der Sonnenstrahlen auf unserer Haut oder schmecken den zarten Schmelz der Schokolade auf unserer Zunge.
  • die Reaktionen unseres Körpers zu verspüren und auch Warnsignale früher zu erkennen – z.B. dass unsere Atmung flacher oder tiefer wird, wir kalte Hände oder einen Kloß im Hals haben.
  • uns besser zu verstehen – z.B. wovor wir Angst haben, wie wir mit Stress umgehen, wann und wie wir uns aus der Fassung bringen.
  • unseren Geist und unser Bewusstsein zu trainieren, indem wir mehr Aufmerksamkeit für unsere Gedanken, Gefühle und körperlichen Reaktionen im Moment verwenden.
  • den Augenblick mehr zu genießen und uns zu entspannen.
  • die Lebensqualität zu steigern.
  • uns zu entspannen.

Achtsamkeit kann anfänglich negative Auswirkungen haben – nämlich dann, wenn wir plötzlich negative Gefühle wie Trauer oder Einsamkeit in uns empfinden oder uns unangenehme Gedanken bewusst werden.

Der Gewinn für uns macht sich dann erst später bemerkbar, wenn wir gelernt haben, diese Gedanken und Gefühle anzunehmen, oder aber diese Erkenntnisse zum Anlass nehmen, das Problem zu lösen.

Warum sind wir nicht achtsam?

Gewohnheiten, Routine und Unachtsamkeit sind der Feind der Achtsamkeit und führen zu Verdruss und Langeweile, statt zu Genuss.

Nicht achtsam sind wir, wenn wir:

  • über ein Erlebnis in der Vergangenheit nachgrübeln.
  • uns um die Zukunft sorgen.
  • auf Autopilot geschaltet haben, und z.B. nicht wahrnehmen, was wir essen, oder wie wir mit dem Auto von A nach B kommen.
  • Tätigkeiten ausführen, die uns in Fleisch und Blut übergegangen sind, wie z.B. Zähneputzen.
  • Tagträumen.
  • das Gefühl haben, nicht mehr zu wissen, wo uns der Kopf steht oder was wir spüren.
  • uns in einer Endlosschleife im Kopf mit unserer To-do-Liste beschäftigen, was wir alles erledigen müssen und vielleicht nicht erledigt bekommen.

Anhand dieser Liste kannst du erkennen, dass wir den überwiegenden Teil unseres Tages nicht achtsam sind. Wir leben in einem Gewohnheitsmodus, lassen uns von äußeren Reizen ablenken, verfangen uns im Sorgenkarussell und folgen alten Denkmustern.

Was sind Achtsamkeitsübungen?

Achtsamkeit ist eine Fähigkeit, die du anhand verschiedener Übungen lernen kannst. Dabei wirst du erst einmal sehr überrascht darüber sein, wie wenig du im Hier und Jetzt lebst. Ein stetiges „Gedankengemurmel“ macht sich ununterbrochen in deinem Kopf breit. Du kommst vom Hölzchen aufs Stöckchen und bewertest dich und die Ereignisse um dich herum. Deshalb ist es gar nicht so einfach, sich in Achtsamkeit zu üben. Es gibt viele unterschiedliche Wege zu mehr Achtsamkeit und auch unterschiedliche Bereiche, in denen du beginnen kannst.

Die Leitfrage lautet immer: Was passiert gerade in mir? Was denke, fühle, sehe, tue und spüre ich körperlich?

Du lenkst deine Aufmerksamkeit also bewusst auf das, was du gerade wahrnimmst. Alles, was du wahrnimmst, darf da sein. Du kämpfst nicht dagegen an, bewertest es nicht und verurteilst dich nicht dafür. Du begegnest deiner Wahrnehmung mit einem inneren Nicken: „Aha, so ist das im Augenblick“.

Diesen gelassenen Umgang mit allem, was du empfindest – auch Schmerzen oder beunruhigende Gedanken – musst du trainieren.

Gewöhnlich schiebst du die Gedanken wahrscheinlich schnell weg und willst dich nicht damit befassen. Oder aber du steigst voll auf die Gedanken ein, lässt dich mitreißen, analysierst und beurteilst sie.

Willst du Achtsamkeit lernen, wird es immer wieder passieren, dass du dich dabei ertappst, dass deine Gedanken abschweifen. Ertappst du dich dabei, wirfst du dir vielleicht vor: „Mist, ich sollte doch bei meinen Gefühlen bleiben. Ich sollte doch nicht bewerten. Ich sollte doch nicht ...“ Oder du machst dich mutlos: „Das ist zu schwer, das schaffe ich doch nie.“

Ein Gegenmittel gegen diese negativen, auftauchenden Gedanken ist, die Gedanken nur wahrzunehmen und nicht zu bewerten: „Aha, jetzt habe ich gerade gedacht ...“

Dadurch unterbrichst du die Gedankenkette. Bemerkst du es? Du kannst nichts falsch machen. Denn jeder auch noch so ‘unpassende’ Gedanke ist richtig, wenn du ihn einfach nur registrierst, statt dagegen anzukämpfen oder zu bewerten.

Du verhinderst deine Achtsamkeit aber auch, wenn du von dir forderst, achtsam zu sein. Du benötigst diese Forderung nicht, denn alleine durch die Frage: „Was passiert gerade in mir?“ wirst du achtsam.

Du kannst beobachten:

  • was passiert, wenn du läufst – z.B. wann und wie du den Fuß aufsetzt, abrollst und wann und wie lange er vor dem nächsten Schritt in der Luft ist.
  • wie du atmest – wo du den Atem spürst, wann du einatmest, wann und wie du ausatmest, wann die Atempause ist, wie sich dein Atem anfühlt, wie tief du atmest.
  • was du im Mund spürst, wenn du etwas isst – z.B. wie du den Bissen hin- und herschiebst, kaust, wo auf der Zunge du was verspürst, wann du hinunterschluckst.
  • was du generell in deinem gesamten Körper verspürst. Hierzu bietet sich die Übung ‘Körperreise’ an, bei der man mit seiner Achtsamkeit systematisch von Körperteil zu Körperteil wandert und wahrnimmt, was man empfindet.

Wofür werden Achtsamkeitsübungen eingesetzt?

Achtsamkeitsübungen werden in der Therapie eingesetzt:

Wie fängt man am besten mit Achtsamkeitsübungen an?

Keine Angst: Achtsamkeit ist nicht aufwändig, du brauchst dir keine halbe Stunde Zeit aus den Rippen zu schneiden.

Im Grunde genügt eine Minute Zeit, in der du dir die Frage stellst: „Was passiert gerade in mir?“ Du kannst auch eine konkrete Sinnebene auswählen und deinen Blick bewusst nach außen in die Umwelt richten:

  • Was höre ich gerade?
  • Was sehe ich gerade?
  • Was rieche ich gerade?

Am Anfang kann es hilfreich für dich sein, dir ein Signal auszudenken, welches dich an das Üben der Achtsamkeit erinnert. Das könnten bestimmte Zeiten (z.B. immer zur vollen Stunde) oder bestimmte Situationen (z.B. beim Zähneputzen) sein.

Tipp: Nutze dein Smartphone als Coach. Je nach Smartphone kann man mit der Kalender- oder Erinnerungsfunktion eine feste Uhrzeit und eine Nachricht eingeben. Du kannst dich z.B. zwei Mal am Tag erinnern lassen, achtsamer zu sein. So verlierst du dein Achtsamkeitstraining nicht aus den Augen. Wenn du mehrmals am Tag und über einen längeren Zeitraum übst, entwickelst du eine Gewohnheit, die sich mit der Zeit zu einer Routine entwickelt.

Drei Achtsamkeitsübungen für den Einstieg

Übung 1: Finde Achtsamkeit in Beziehungen

Wenn du heute nach Hause kommst, dann gib deiner Partnerin oder deinem Partner nicht nur einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Nimm sie oder ihn stattdessen in den Arm, spüre die Wärme, den Duft und die Berührung.

Sei mit deinen Sinnen ganz bei dem, was du hörst, riechst, siehst, schmeckst und fühlst. Du spürst dann vielleicht einen schon lange nicht mehr erlebten Zauber in deiner Partnerschaft.

Übung 2: Lerne, dankbar für deine Sinne zu sein

Frage dich, wie es wäre, wenn du deine Sinne verlieren würdest. Nimm dein Umfeld so wahr, als ob du morgen erblinden würdest. Lausche den Klängen der Musik und dem Gesang der Vögel, als ob du morgen dein Gehör verlieren würdest. Berühre jeden Gegenstand, als ob du morgen deinen Tastsinn verlieren würdest. Rieche die Düfte, als ob du morgen deinen Geruchssinn verlieren würdest.

Betrachte deine Sinne als Geschenk und sei dankbar dafür. Das ist Achtsamkeit im Alltag.

Übung 3: Nippen statt kippen

Wenn du einen tollen Wein oder einen frisch gepressten Saft trinkst, dann nippe daran. Genieße Schluck für Schluck das Aroma des Getränks.

Dasselbe gilt für Essen. Genießen heißt, voll und ganz bei dem zu sein, was man gerade tut. Das befriedigt und macht zufrieden. Nebenbei, etwa im Gehen zu essen oder zu trinken, ist das komplette Gegenteil von Achtsamkeit!

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