Liebe – das stärkste und zerbrechlichste aller Gefühle

Mit der Liebe verknüpfen wir Romantik, Nähe, Vertrautheit und Verbundenheit. In diesem ABC-Beitrag erfährst du, wie das Gefühl der Liebe entsteht, welche Formen der Liebe es gibt und wie deine Liebe wachsen kann.

Liebe – das stärkste und zerbrechlichste aller Gefühle
© PAL Verlag, unter Verwendung eines Fotomotivs von unsplash.com

Es gibt wohl kaum ein Gefühl, über das mehr geschrieben, das mehr besungen und über das mehr philosophiert wurde, als das Gefühl der Liebe. Liebe ist das positivste Gefühl, das wir gegenüber einem Erwachsenen, einem Kind, einem Tier oder einer Sache haben können.

Wie lässt sich das Gefühl von Liebe beschreiben?

Das Verliebtsein kann mit einem Wasserfall verglichen werden: Wir sprudeln über. Es überlagert schier alle anderen Gedanken und Gefühle und erzeugt über Tage und Wochen eine innere Hochstimmung, die einem Rausch gleichkommt und sich auch stark körperlich zeigt, etwa durch einen hohen Muskeltonus und Puls sowie eine enorme Konzentrations- und Leistungsfähigkeit. Im Gegensatz dazu ist die Liebe wie ein ruhiger Fluss, nicht ohne Stromschnellen, aber gefestigt in seinem Lauf. 

Wohl deshalb wurde früher das Liebesgefühl im Herzen verortet, und das Herz dient bis heute in vielen Kulturen als das Symbol der Liebe. Seinen Ursprung hat die Liebe aber in unserem Kopf, wo es zum Zusammenspiel von einer Vielzahl an Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Bereichen kommt, die u. a. Hormonausschüttungen oder den Blutdruck regulieren, um das komplexe Gefühl zu erzeugen.

Was veranlasst uns, uns in einen bestimmten Menschen zu verlieben?

Warum wir uns in einen bestimmten Menschen verlieben, uns von ihm angezogen fühlen und auch über viele Jahre hinweg mit ihm zusammen sein wollen, dafür gibt es eine Vielzahl an wissenschaftlichen Erklärungen. Hier spielen evolutionsbedingte, instinktive Verhaltensmuster wie der Suche nach einer Artgenossin oder einem Artgenossen, die oder der für die Fortpflanzung oder den Schutz geeignet erscheint, ebenso eine Rolle wie biologische, etwa, dass wir einen anderen Menschen riechen können oder wir seine Stimme mögen. Auch soziologische Faktoren sind entscheidend für die unbewusste Auswahl der Person, in die wir uns verlieben, beispielsweise, in welcher Kultur wir aufwachsen sind und welches Frauen- oder Männerbild wir gelernt haben, attraktiv zu finden. Dazu bestimmen auch ganz praktische Faktoren unsere innere Auswahl, wie das Umfeld, in dem wir uns bewegen, oder persönliche Erfahrungen. 

Das komplexe Zusammenspiel aller Faktoren veranlasst uns – bewusst und unbewusst –, uns für den einen Menschen zu entscheiden, in den wir uns verlieben und den wir lieben. Keine einfache Sache und wir alle machen die Erfahrung, dass es trotz starker Gefühle von Verliebtsein nicht immer gleich auch für eine Liebesbeziehung ausreicht. Dass dieser Prozess für viele Menschen schwer ist und sie oftmals überfordert, ist ein Grund für den rasanten Anstieg der vielen Datingportale im Internet. Sie versuchen, gestützt durch künstliche Intelligenz und Algorhythmen, einige der o. g. Faktoren für Verliebtsein herauszufinden und miteinander zu kombinieren, zu „matchen“. So sollen Userinnen und User auf den einen Menschen treffen, der am besten zu ihnen passt. Das mag ein gewisser Startvorteil sein, doch zeigt sich, dass die Liebe mehr verlangt als ähnliche Lieblingsfarben und Urlaubsziele und bei Weitem keine Erfolgsgarantie für eine lange Liebesbeziehung ist.

Welche Formen der Liebe gibt es?

Grundsätzlich äußert sich das Gefühl der Liebe in einer starken emotionalen Bindung zu einem Gegenüber, zu dem wir tiefes Vertrauen haben sowie geistige und/oder körperliche Nähe empfinden. Abgesehen davon gibt aber viele Formen der Liebe. Um zu verstehen, warum wir in welcher Situation wen wie lieben, ist es sinnvoll, die Formen der Liebe zu unterscheiden und sie genauer zu betrachten:  

Die Liebe in der Familie:

Das heißt, die Liebe zu Kindern, die Liebe zu Geschwistern, die Liebe zu den Eltern und Großeltern: Sie entsteht ganz früh in uns, schon im Mutterleib. Alle Babys suchen vom ersten Augenblick an und intuitiv nach einer Bezugsperson, die ihnen Schutz und Geborgenheit gibt und sich um ihr Wohl kümmert. Andersherum sind alle Eltern (zumindest die allermeisten) vom Anblick ihres Kindes wie verzaubert und in ihnen wächst das Gefühl, dem schutzlosen Kind in ihren Armen alles zu geben, was es für sein körperliches und seelisches Wohlergehen braucht. Im Laufe des Lebens verändert sich diese Liebesbeziehung stark, einfach weil Kinder bis zum Erwachsensein dramatische Veränderungen durchlaufen. Die Liebe über eine lange Zeit aufrechtzuerhalten fordert deshalb von beiden, Eltern wie Kindern, ein hohes Maß an Verständnis und Ausdauer, um negative Gefühle wie Enttäuschungen, Kränkungen oder Wut zu überstehen. Das gilt besonders auch für die Liebe zwischen Geschwistern. 

Die partnerschaftliche Liebe:

Sie ist die wohl bekannteste Form der Liebe. Sicher auch, weil eine echte und langanhaltende Liebesbeziehung zu einer Partnerin oder einem Partner mehr verlangt, als wir uns in der Phase des Verliebtseins vorstellen (wann immer und wie oft im Leben wir in diese Phase geraten!). Hierzu gehören Vertrauen, Offenheit, die Bereitschaft, Konflikte zu lösen, Kompromisse einzugehen und zu verzeihen, den Mut, Schwächen zu zeigen, den Wunsch, gemeinsam Zeit zu verbringen und Herausforderungen zu meistern „in guten, wie in schlechten Zeiten“. Die partnerschaftliche Liebe wird auch bestimmt von Nähe und Distanz, von Halten und Gehaltenwerden, von Grenzen setzen und verändern und vom Loslassen und Wiederkommen. Das betrifft auch die Sexualität als ein wichtiger Teil einer langen Liebesbeziehung.

Die freundschaftlich-platonische Liebe zu einem nahestehenden Menschen:

Sie ist den ersten beiden Formen in vielen Ausprägungen sehr ähnlich, unterscheidet sich aber in ihrer Stärke und Bindung, denn hier sind wir nicht so sehr in Schicksalsgemeinschaften verbunden wie mit unseren Eltern oder Geschwistern und haben uns in der Regel auch nicht öffentlich und gesetzlich zur Liebe bekannt. Auch leben wir unsere Liebe nicht auf körperlicher Ebene aus. Wir können also freier entscheiden, in welchem Maß wir diese Liebe geben und annehmen. Nicht selten kommt es in der freundschaftlichen Liebe zu Phasen des Getrenntseins – auch ohne dass es dafür einen bestimmten Anlass gibt. Wir verlieren uns aus den Augen und finden uns wieder. Dann stellen wir fest, ob unsere Liebe noch vorhanden ist oder wir uns zu sehr verändert haben. Trotzdem kann auch diese Form der Liebe ein Leben lang halten und uns durch viele Höhen und Tiefen tragen.

Die Liebe zu allem Lebendigen:

Wir können das Gefühl echter Liebe auch zu Tieren und Pflanzen empfinden. Am häufigsten werden Haustiere wie Hunde und Katzen, Meerschweinchen und Sittiche geliebt. Sie sind besonders für Menschen, die sich sonst von der Gesellschaft ausgeschlossen fühlen oder einen geliebten Menschen verloren haben, aber auch für Familien und Kinder dankbare Begleiter, die positive Emotionen spiegeln und ihnen so psychisch und emotional helfen. 

Die Liebe zu Dingen und Orten:

Ja, wir Menschen sind auch in der Lage, zu bestimmten Gegenständen und bestimmten Orten eine emotionale Bindung aufzubauen und sie zu lieben. Beispiele dafür gibt es viele: Es beginnt beim Stofftier, geht über das Tagebuch bis hin zum Auto oder Schmuckstück. Und auch wenn philosophisch oder moralisch darüber gestritten werden kann, ob es sinnvoll ist, eine Liebe für etwas zu empfinden, das nicht lebendig ist, kennen wir alle das Gefühl, vor allem, wenn der geliebte Gegenstand verloren oder kaputt geht oder wir ihn hergeben müssen. Eine besondere Ausprägung entwickeln wir für bestimmte Orte, meist für das eigene Zuhause, aber auch für Sehnsuchtsorte, an denen wir schöne Momente erlebt haben. Je persönlicher und näher uns die Gegenstände und Orte sind, desto mehr Liebe können wir zu ihnen aufbauen. Manche Menschen übertreiben freilich ihre Liebe zu bestimmten Dingen, sammeln sie und entwickeln krankhafte Störungen, zum Beispiel die Messie-Störung. Und auch die Liebe zu Orten, besonders der Heimat, kann im schlimmsten Fall zu aggressiven Tendenzen, Äußerungen und Handlungen allem Fremden gegenüber führen.

Die Liebe zum Transzendentalen oder die spirituelle Liebe:

Es ist ihre Liebe zu Gott oder einem übernatürlichen Wesen, das Menschen durch viele Jahrtausende lang begleitet und sie geführt hat. Diese rein gedankliche Liebe zu einem nicht existenten Wesen hat sie zu schöpferischen Höchstleistungen gebracht, ihnen Trost in schlimmen Zeiten gegeben, sie aber auch zu fanatischen Kriegern gemacht, die selbst die Gefahr des Todes nicht von Kampf und Gewalt abgehalten hat. Diese Liebe ist immer verbunden mit einem starken Glauben und der Hoffnung auf eine bessere Welt (und wenn sie nur im Jenseits auf einen wartet). Heute verliert vor allem die Liebe zur christlichen Gottesfigur in den westlichen Gesellschaften an Glaubwürdigkeit und Kraft. Nicht so in anderen Religionen, in denen gerade die fanatischen Richtungen an Stärke hinzugewinnen. Und gleichzeitig nimmt auch der Hang zu Spiritualität und zu einer transzendentalen, also übersinnlichen Macht wieder stark zu. Inwieweit hier von echter Liebe gesprochen werden kann, sei dahingestellt.

Warum funktioniert echte Liebe zu anderen ohne Selbstliebe nicht?

Auch uns selbst gegenüber können wir Liebe empfinden, wobei diese Selbstliebe oft negativ gesehen und verurteilt wird. Andererseits ist die Selbstliebe Voraussetzung für die Nächstenliebe. Wie heißt es doch: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Wenn wir uns selbst ablehnen, dann können wir für andere kaum Liebe empfinden.

Mit der Liebe ist es wie mit den Kleidern. Beide brauchen ein bisschen Spielraum, sonst fühlen wir uns eingeschnürt.
Erna Lackner

In die Partnerschaft gehen wir gewöhnlich mit der romantischen Erwartung, uns jederzeit und für alle Zeiten zu lieben. Diese Erwartung ist unrealistisch. Auch wenn wir zu Beginn einer Partnerschaft sehr verliebt sind, muss dieses Verliebtsein erst einmal in ein Gefühl der Liebe umgewandelt werden und dann gepflegt werden.

Wie kann deine Liebe wachsen?

Das Liebesgefühl steht täglich vor einer Herausforderung, denn wir müssen immer wieder bereit sein, das Positive in dem Menschen an unserer Seite zu entdecken. Gewöhnlich nehmen wir im Laufe der Partnerschaft das Positive an unserem Gegenüber als gegeben und selbstverständlich hin und beschäftigen uns nur noch mit dem, was uns an unserer Partnerin oder unserem Partner stört. 

Liebe bedeutet, deine Partnerin und deinen Partner mit ihren Stärken und Schwächen zu akzeptieren.

Oft hat die Alltags-Liebe in Partnerschaften auch eine sehr egoistische Seite: Wir lieben die andere oder den anderen nur, wenn sie oder er tut und sagt, was wir erwarten. Doch dieser Anspruch unser Gegenüber nicht um seiner selbst willen, sondern für die Befriedigung unserer Bedürfnisse und Wünsche zu lieben, hält die Liebe nicht am Leben. Denn dann konzentrieren wir uns nur auf das, was wir von ihrer oder seiner Liebe erhalten. Eine lange und erfüllte Liebe zu einem anderen Menschen lebt aber von der Bereitschaft zu geben, ohne dafür etwas zu erwarten. Der Schriftsteller Hans Kudszus drückte es so aus: 

Wahre Liebe ist gemeinsame Freude an der gegenseitigen Unvollkommenheit.

Oder wir folgen den Worten des Dichters Jeremias Gotthelf:

Es ist mit der Liebe wie mit Pflanzen: Wer Liebe ernten will, muss Liebe säen.

Deshalb sind kleine Liebesbeweise sehr wichtig für den Erhalt deiner Partnerschaft.

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