Angst vor Nähe

Viele Menschen haben Angst vor Nähe. Einerseits sehnen sie sich nach Liebe, andererseits haben sie Angst vor Nähe. Warum ist das so?

Angst vor Nähe

Viele Menschen haben Angst vor Nähe in einer Beziehung. Sie wünschen sich nichts sehnlicher als eine enge, glückliche und vertrauensvolle Partnerschaft. Wenn dann jedoch die richtige Person in ihr Leben tritt, bekommen sie Angst bis hin zu Panik, wenn die Beziehung immer enger wird. Je intensiver und enger die Beziehung wird, desto mehr Abstand benötigen sie. Dann möchten sie am liebsten von dem Menschen, den sie lieben, weglaufen und vor ihm flüchten.

Ursachen der Angst vor Nähe

Hinter der Angst vor Nähe stecken andere Ängste, etwa die Angst vor dem Verlassenwerden und vor dem damit verbundenen Schmerz. Man hat Angst, verletzt zu werden und mit den verletzten Gefühlen nicht klarzukommen. Man denkt unbewusst: Je tiefer ich mich einlasse, je mehr ich mich emotional an den Menschen binde, umso verwundbarer und verletzbarer bin ich, umso schmerzhafter ist die Wunde, wenn mich der Mensch verlässt. Indem man keine Nähe zulässt und emotional auf Distanz geht, schützt man sich vor verletzten Gefühlen und Trennungsschmerzen.

Wer sich nicht einlässt, kann auch nicht verletzt werden.

Ein weiterer Grund für die Angst vor Nähe, insbesondere intimer Nähe, können Missbrauchserfahrungen sein. Diese führen dazu, dass wir in Beziehungen Probleme haben mit Vertrauen, Berührung, Sexualität und Nähe. Die Angst vor Nähe wird oft von körperlichen Symptomen begleitet, die denen einer Panikattacke ähneln: Herzrasen, Übelkeit und Schweißausbrüche, Enge in der Brust.

D.h., die Betroffenen erleben die Nähe tatsächlich als Gefahr, als Bedrohung für ihr Leben und tun, was man bei Gefahr oftmals tut: man flüchtet. Wird es einem der Menschen  zu eng in der Beziehung, dann zieht er oder sie sich anfänglich zurück, geht auf Distanz. Wenn er oder sie das Gefühl hat, ihm oder ihr wird die Luft zum Atmen genommen und man sich völlig eingeengt fühlt, dann kommt es meist zur Trennung.

Die Betroffenen begründen ihr Verhalten dem anderen damit, dass sie sagen, sie fühlten sich von ihm eingeengt und bräuchten mehr Freiraum. In Wirklichkeit haben sie Angst vor Nähe und verletzten Gefühlen. Warum sie diese Angst haben, ist ihnen meist nicht bewusst. Sie wissen nur, dass sie die Nähe nicht ertragen und diese ihnen körperliche Schmerzen bereiten. Da sie sich ihr Verhalten nicht erklären können, ihnen die Motive ihrer Angst nicht bewusst sind, haben sie oft Schuldgefühle und das Gefühl, nicht normal zu sein.

Wie entwickelt sich eine Angst vor Nähe?

Wenn wir Angst vor engen Beziehungen haben oder generell unter Bindungsangst leiden, dann hat das immer etwas mit Erfahrungen in der Vergangenheit zu tun: mit Enttäuschungen und Verletzungen, mit Schockerlebnissen und Traumata.

Wie kann ich die Angst vor Nähe überwinden?

Wenn wir die Angst vor Nähe überwinden wollen, dann gilt es, vergangene negative Erfahrungen mit Nähe und anderen Menschen und die damit verbundenen Ängste aufzuarbeiten. Das können wir meist nicht alleine, insbesondere wenn die Verletzungen aus der Vergangenheit sehr groß sind. Hier hilft nur eine Psychotherapie.

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Thomas Spranger und Maria Beege schreibt am 22.10.2020

Ein sehr kluger Artikel mit vielen wertvollen Hinweisen. Herzlichen Dank dafür, wir haben ihn mit großem Interesse gelesen. Das Spiel von Nähe und Distanz ist nicht immer ganz einfach zu spielen. Wer das beherrscht - kann eine tolle Beziehung langfristig führen. Bei uns gelingt das recht gut. Wir lassen uns gegenseitig Freiräume und freuen uns dann wieder sehr auf einander, auf eine gemeinsame schöne Zeit mit vielen besonderen Momenten. Die verlieren wir nie aus dem Fokus. Das ist es, was die Gefühle und die Leidenschaft bei uns für einander erhält.

Um die gegenseitige Anziehung für einander aufrecht zu erhalten ist das enorm wichtig. Sobald zu viel Alltag einzieht, jeder nur noch für sich selber mit seinen Pflichten und Aufgaben beschäftigt ist, verlieren wir uns aus den Augen. Wir gehen uns manchmal auch sehr auf die Nerven, wenn wir nur noch aufeinander hängen. Dann wird es einfach Zeit, einander wieder einmal etwas loszulassen. Luft zum Durchatmen brauchen wir alle. Dann ertragen wir uns auch in schwierigen herausfordernden Situationen wieder viel besser.

Auch wir sind nicht 24 Stunden lang ineinander verliebt, aber wir lieben uns und wissen, dass wir aufeinander zählen können. Das gegenseitige Vertrauen ist die Basis und das Fundament in unserer Partnerschaft. Und das erfüllt uns mit großem Glück: Einen Menschen gefunden zu haben, zu dem wir uns sehr hingezogen fühlen und mit dem jeder von uns durch dick und dünn gehen kann.

Ja, die Achtsamkeit ist ein Zauberwort für die Qualität in der Beziehung. Zu spüren, wie es dem anderen geht, was er braucht, welche Bedürfnisse er hat. Und dann darauf eingehen, ihm signalisieren "Ich bin da für dich". Oft ist das nicht so leicht umsetzbar im Alltag. Zu vieles strömt auf uns ein. Das Handy läutet, die Hausarbeit ist zu erledigen, ein Termin steht an etc. Alles nicht so leicht unter einen Hut zu bekommen.

Trotz allem verlieben wir uns jeden Tag neu in einander. Unser Zusammengehörigkeitsgefühl ist riesengroß und wir wollen unsere Zukunft gemeinsam bestreiten.


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 Ursachen der Angst vor Nähe
 Wie entwickelt sich eine Angst vor Nähe?
 Wie kann ich die Angst vor Nähe überwinden?
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