Rücksicht zu nehmen heißt, nicht nur an sich, sondern auch an andere zu denken. Der Vorwurf, jemand sei rücksichtlos, wird auch gerne dann verwendet, wenn es darum geht, andere zu manipulieren. Dieser Beitrag gibt Hilfestellungen zum Umgang mit rücksichtslosem Verhalten und zeigt, wie wir im Alltag mehr Rücksicht aufeinander nehmen können.
Unter Rücksicht oder Rücksichtnahme verstehen wir, dass uns die Bedürfnisse eines anderen Menschen bewusst sind und wir sie oder ihn deshalb wohlwollend behandeln. Wir verzichten freiwillig auf die Umsetzung (eines Teils) unserer Wünsche. Beispielsweise nehmen wir Rücksicht auf Kinder, alte oder behinderte Menschen, auf Nachbar:innen, Kolleg:innen, Mitspielende oder unsere Partnerin oder unseren Partner. Neben der Rücksicht auf Menschen können wir zum Beispiel auch Rücksicht auf die Natur nehmen.
Rücksichtslosigkeit bedeutet hingegen, dass wir nur an unsere Interessen und deren Durchsetzung denken. Rücksichtslosigkeit wird oft mit Kaltherzigkeit und Gefühlslosigkeit gleichgesetzt.
Auf andere Rücksicht zu nehmen, erlernen wir in unserer Kindheit. Dabei sind uns unsere Eltern oder enge Bezugspersonen ein Vorbild. Zum anderen vermitteln sie uns auch, wann wir Rücksicht auf andere nehmen sollten. Das fängt damit an, dass wir lernen abzuwarten, bis jemand ausgeredet hat, oder am Tisch sitzen zu bleiben, bis alle aufgegessen haben. Um Rücksicht nehmen zu können, benötigen wir die Fähigkeit, uns in andere Menschen hineinzuversetzen und deren Situation zu verstehen. Es ist die Fähigkeit zur Empathie, die bei Kindern in der Regel erst in einem Alter von 10 Jahren zur vollen Entwicklung kommt. Gleichzeitig jedoch schulen Kinder ihre Empathiefähigkeit auch, wenn sie üben, Rücksicht zu nehmen.
Manchmal ist im Umgang mit anderen gar nicht so klar, wer Rücksicht benötigt bzw. wann wir Rücksicht nehmen sollten. Es gibt in unserer Gesellschaft nämlich keine festgelegten oder klar kommunizierten Regeln dazu. Zwar würden die meisten Menschen befürworten, dass Stärkere auf Schwächere Rücksicht nehmen sollten. Allerdings zeigt bereits unsere immer hemmungsloser werdende Marktwirtschaft, dass rücksichtsloses Verhalten nur selten geahndet oder gar bestraft wird. Auch in der Gesellschaft wird rücksichtsloses Verhalten nur selten sozial angezeigt, oftmals fällt vielen Menschen ihr rücksichtsloses Verhalten gar nicht auf. Beispielsweise achten nur wenige von uns konsequent darauf, keine Giftstoffe zu produzieren.
Fühlen sich Menschen von uns rücksichtslos behandelt, lassen sie uns das für gewöhnlich sehr wohl merken. Sie reagieren abweisend oder verärgert auf uns, sind sauer oder verletzt. Den Vorwurf: „Du bist rücksichtslos“ nutzen manche aber auch, um ihre Mitmenschen, ihre Familie, ihre Partnerinnen oder Partner zu manipulieren. Denn durch solche Bemerkungen erzeugen sie beim Gegenüber Schuldgefühle und können sie so dazu bewegen, das zu tun, was sie wollen. Der Vorwurf der Rücksichtslosigkeit kann also aus rein egoistischen Gründen geschehen.
Es gibt Menschen, die keine Rücksicht nehmen und mit ihrem egoistischen Verhalten eine Verletzung oder einen Nachteil anderer in Kauf nehmen, aber auch Menschen, die zu viel Rücksicht nehmen. Sie sind altruistisch veranlagt und immer nur für andere da. Die Gefahr ist, dass sie sich selbst und ihre eigenen Bedürfnisse vernachlässigen. Ihre Uneigennützigkeit hat oft Unzufriedenheit zur Folge und das Gefühl, ausgenutzt zu werden und zu kurz zu kommen. Dadurch entsteht oftmals der bereits angesprochene Vorwurf der Rücksichtslosigkeit.
Für ein ausgewogenes, rücksichtsvolles Verhalten gibt es also kein Patentrezept. Es gilt, aufmerksam zu sein und immer wieder aufs Neue abzuwägen, wie unser Verhalten auf andere wirken kann und welche Bedürfnisse wir in einer bestimmten Situation voranstellen – unsere eigenen oder die der anderen. Eine gute Möglichkeit, rücksichtsvoll und doch selbstwirksam zu handeln ist, mit anderen offen und klar über die eigenen Bedürfnisse und Beweggründe zu sprechen, deren Meinung dazu anzuhören, schließlich eine Entscheidung zu treffen und diese auch zu kommunizieren. Dann verhalten wir uns empathisch, aber bleiben uns dabei selbst treu.
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