So lernst du, nein zu sagen

Nein sagen zu können ist wichtig für unsere innere Balance und um von anderen respektiert zu werden. Warum tun wir uns dennoch so schwer damit und wie können wir lernen, nein zu sagen. Dieser Lebenshilfe-ABC-Beitrag klärt auf und gibt Hilfestellungen.

So lernst du, nein zu sagen
© PAL Verlag, unter Verwendung eines Fotomotivs von unsplash.com

Viele Menschen leiden darunter, dass sie nicht nein sagen können. Geht es dir auch so? Was hält dich davon ab? Warum fällt es dir leichter, ja zu sagen? Und was macht das mit dir? Es gibt unterschiedliche Gründe, warum dir ein Nein schwer über die Lippen kommt.

Warum du dich schwertust, nein zu sagen

  • Du hast gelernt und denkst bis heute, ein Nein wäre anderen gegenüber unfreundlich.
  • Du willst akzeptiert werden und hast Angst, dein Nein könnte dazu führen, andere vor den Kopf zu stoßen oder von ihnen kritisiert zu werden.
  • Ja zu sagen erspart dir unangenehme Nachfragen nach einem Warum für dein Nein.
  • Du versprichst dir etwas davon, anderen zuzustimmen.
  • Du willst unangenehme Reaktionen vermeiden.
  • Alle anderen sagen zu etwas ja und du willst nicht die Spielverderberin oder der Spielverderber sein.
  • Du hast Angst, durch dein Nein für egoistisch gehalten zu werden.
  • Du glaubst, nicht wichtig genug zu sein, dass dein Nein etwas bewirkt.
  • Du hast Schuldgefühle und ein schlechtes Gewissen, wenn du nein sagst.

Hinter der Angst, nein zu sagen, steckt die Angst vor negativen Konsequenzen: die Angst vor Ablehnung und Zurückweisung. Und hinter der Angst vor Ablehnung stecken ein geringes Selbstwertgefühl und ein geringes Selbstvertrauen.

Lerne, nein zu sagen – ohne Schuldgefühle

Ob im Beruf oder in Beziehungen – es ist wichtig, nein sagen zu können. Wer nein sagt, schützt sich selbst! Denn damit ziehen wir anderen gegenüber oder für uns selbst eine Grenze. Wenn wir keine Grenzen ziehen können, zahlen wir möglicherweise einen hohen Preis:

  • Wir sind unzufrieden.
  • Wir erlauben anderen, über uns, unsere Energie und Zeit zu verfügen.
  • Wir laufen Gefahr, an Depressionen oder einem Burnout zu erkranken.
  • Wir kommen selbst zu kurz.

Nein sagen zu lernen, ohne Schuldgefühle zu haben, bedeutet mehr als einfach zu beschließen, irgendetwas nicht zu tun. Es heißt, deinem eigenen Urteilsvermögen vertrauen zu lernen und dich für so wichtig zu halten, dass deine Bedürfnisse erfüllt werden.

Diese Gedanken können dir helfen, ohne Schuldgefühle und schlechtes Gewissen nein zu sagen

  • Ich lasse mich nicht von anderen überreden oder gebe ihren Forderungen nach, außer wenn ich meine eigenen Gründe dafür habe.
  • Ich entscheide, wofür ich meine Zeit und Energie einsetze. Meine Zeit und meine Energie sind Geschenke, die ich hüte, und die ich dann mit anderen teile, wenn ich es für richtig halte und niemals deshalb, weil andere sie von mir fordern oder erwarten.
  • Meine Zeit ist mir wichtig. Ich bin mir selbst wichtig. Ich gehe sorgfältig mit der Zeit um, die ich mir für die Dinge freigehalten habe, die mir wichtig sind. Ich lasse es nicht zu, dass mir andere diese Zeit nehmen.

5 Tipps, wie du Freund:innen nein sagen kannst und trotzdem die Freundschaft nicht gefährdest

Freund:innen helfen sich gegenseitig. Aber es gibt Zeiten, in denen du nein sagen musst – weil du zu beschäftigt bist oder überfordert wärst, wenn du ja sagen würdest. Wichtig dabei ist der Gedanke: Nicht das Nein entscheidet über die Reaktion der anderen, sondern wie du nein sagst. Wähle unter den folgenden Gründen für deine Ablehnung diejenigen aus, die dir am nähesten erscheinen und am besten dabei helfen könnten, in Zukunft öfter einmal nein zu sagen.

Tipp 1:Ich kann dir im Moment nicht helfen, weil ich nicht die Zeit dazu habe.

Mit dieser Begründung für eine Ablehnung machst du deinem Gegenüber klar, dass du keine Zeit hast. Du zeigst zwar, dass dein Gegenüber in deiner zeitlichen Prioritätenliste nicht ganz an oberster Stelle steht, aber du sagst ihm auch nicht, dass dein Nein ein Ausdruck der Abneigung ist.

Tipp 2:Ich würde dir gerne helfen, aber ich bin gerade intensiv mit etwas beschäftigt. Kannst du später nochmal auf mich zukommen?

Um dein zeitliches Nein aus Tipp 1 vielleicht ein wenig verständlicher zu machen, kannst du erklären, womit du gerade beschäftigt bist (aber nur, wenn das auch den Tatsachen entspricht und nicht vorgeschoben ist). Wenn du mitten in einer wichtigen Arbeit um Hilfe gebeten wirst, lass die oder den Hilfesuchenden wissen, dass du generell bereit bist, zu helfen, nur im Moment deine Aufgabe dafür nicht unterbrechen kannst. 

Tipp3:Lass mich darüber nachdenken. Ich sage dir etwas später (morgen, in ein paar Tagen ...) Bescheid.

Diese kurzfristige Verschiebung deiner Entscheidung, ob du zu einer Sache ja oder nein sagen wirst, erlaubt es dir, mit etwas Abstand in Ruhe darüber nachzudenken, ob du der anderen Person helfen willst bzw. kannst oder ihrer Idee zustimmst. Das hilft dir, nicht eine übereilte Entscheidung zu treffen, die du später bereust. Manchmal sagen wir spontan ja und ärgern uns hinterher, weil wir unsere Zusage nicht gründlich überlegt haben und jetzt unsere eigenen Pläne durcheinander geraten. Wenn der anderen Person ihr Anliegen wichtig ist und zudem deine Haltung dazu, dann wird sie sich sicher ein wenig gedulden.

Tipp4:Dafür bin ich nicht die oder der Richtige. Versuch's mal bei ...

Wenn du dich nicht kompetent oder überfordert fühlst, jemandem zu helfen, dann ist dieser Grund für deine Ablehnung angebracht. Und sie oder er braucht übrigens auch keine große Erklärung und Rechtfertigung. Die schwächt dein Nein eher ab. Wenn du zudem eine andere Person oder Organisation empfehlen kannst, kannst du helfen, ohne selbst über deine eigenen Grenzen gehen zu müssen.  

Tipp5:Das möchte ich nicht tun. Dazu möchte ich nichts sagen.

Dieses "sich aus dem Spiel nehmen" ist der direkteste Weg, nein zu sagen – ohne Entschuldigung oder Begründung für die Ablehnung. Dein Gegenüber hat das Recht, dich zu fragen. Du hast das Recht, nein zu sagen. Natürlich brauchst du für diese unbegründete Absage etwas Mut. Je mehr du jedoch diese klare Form der Absage einübst, desto leichter wird sie dir mit der Zeit fallen. Aber wäge dabei immer ab. Wenn du ein unbegründetes Nein zu oft anbringst, kann dich das auch von anderen entfernen.

Angst vor negativer Reaktion auf deine Absage

Vielleicht stellst du überrascht fest, dass dein Gegenüber deine Absage gar nicht so negativ aufnimmt wie befürchtet. In vielen Fällen führt ein Nein dazu, dass du in der Achtung der anderen steigst! 

Und wenn die andere Person doch maßlos enttäuscht oder verärgert auf dein Nein reagiert? Dann mach dir klar, dass diese Reaktion nichts mit dir zu tun hat. Ihre Enttäuschung ist Ausdruck des Frustes, etwas nicht zu bekommen. Wir alle sind enttäuscht, wenn wir etwas nicht bekommen, was wir wollten. Das passiert uns seit der Kindheit so und hoffentlich haben wir gelernt, als Erwachsene damit umzugehen und kommen darüber hinweg.

Wenn sich jemand infolge eines Neins dauerhaft von dir abwendet, dann kann das schmerzen. Aber es ist nicht wirklich ein Verlust für dich, sondern im besten Sinne eine Enttäuschung. Denn eine Freundschaft oder tiefe Bindung verträgt ein Nein. Gelingt das nicht, ist es ein Zeichen, dass dein Gegenüber eigentlich nur auf seinen Vorteil aus ist und egoistisch gehandelt hat.

Je häufiger du nein sagst, desto mehr machst du dir deine Bedürfnisse bewusst. Und je klarer du weißt, was du willst und was nicht, desto leichter fällt es dir, nein zu sagen. Niemand weiß besser als du, was für dich am besten ist.

Um leichter ohne Schuldgefühle nein sagen zu können, erinnere dich daran, dass du dieselben Rechte wie andere hast. Und nochmals: Es allen recht machen zu wollen, führt zu einem Verlust von Respekt und Anerkennung – bei anderen und bei uns selbst.

Wie dein Nein ankommt, hängt mit deiner Ausstrahlung zusammen

Hand aufs Herz: Hast du die Ausstrahlung eines selbstsicheren Menschen oder eher die eines unsicheren Menschen, der sich vieles gefallen lässt? Wenn du beispielsweise aus Angst vor Ablehnung ja sagst, dann verrät dich deine Angst wahrscheinlich durch deine Körpersprache und das Signal, dass du sendest ist, dass du unsicher bist. Die Folge ist: Jemand, dem du als Person wichtig bist, kann mit deinem Ja gar nicht so viel anfangen, weil sie oder er spürt, dass der Grund dafür nicht in der Sache selbst liegt. Und jemand, der dich ausnutzen will, hat leichtes Spiel mit dir.

Jeder Mensch sendet durch seine Körpersprache (wie er geht, wie er spricht, wie er sich bewegt, wie er sich kleidet, wie er schaut) Signale aus, die von den Mitmenschen empfangen werden. Diese Signale sagen etwas über die sendende Person aus. Wenn diese Signale Unsicherheit und Schwäche zeigen, dann fühlen sich von diesen Signalen diejenigen Menschen angesprochen und angezogen, die daraus zum Nachteil der oder des Sendenden einen Nutzen ziehen wollen. Alle anderen hingegen sind selbst verunsichert.

Eine selbstbewusste Körpersprache verleiht deinen Worten Gewicht.

Unterstreiche dein Nein deshalb mit einer eindeutigen Körpersprache, indem du:

  • dich aufrichtest,
  • den Kopf schüttelst,
  • dein Nein mit fester Stimme aussprichst,
  • deinem Gegenüber in die Augen schaust,
  • deine Arme vor der Brust verschränkst,
  • mit der Hand eine abwehrende Bewegung machst.
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