In diesem Beitrag der Serie "Erfahrungen aus der Praxis" zeigt Gert Kowarowsky, woran wir rücksichtsloses Verhalten erkennen und wie wir mit uns selbst rücksichtsvoll umgehen können.
Das toxische Gegenüber, die toxische Beziehung, das toxische Verhalten der oder des anderen – gibt es das tatsächlich ganz ohne mein Zutun? Ja und nein. In der Regel gilt der Satz meines Großvaters:
„Es gehören immer zwei dazu …“
Wie sich dein Gegenüber zu dir verhält, hat tatsächlich viel damit zu tun, was du bereit bist zu tolerieren und was nicht. Je rücksichtsvoller du mit dir selbst umgehst, desto weniger rücksichtslos kann sich die oder der andere dir gegenüber verhalten. Je früher du in einer sich entwickelnden, gerade entstehenden Beziehung lernst, deine Grenzen klar und deutlich aufzuzeigen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein gesundes Geben und Nehmen in dieser Beziehung auch dauerhaft stattfinden wird.
Machst du jedoch – auch in einer bereits länger bestehenden Partnerschaft – immer wieder die Erfahrung, dass deine Partnerin oder dein Partner sich unempathisch verhält, sämtliche Regeln ignoriert und ihr oder sein Verhalten darauf gerichtet ist, sich immer nur den eigenen persönlichen Vorteil zu verschaffen, dann ist es gut, folgendes zu wissen:
Es gibt leider auch Menschen, die prinzipiell nicht willens oder fähig sind, ein gemeinsames Genießen von Geben und Nehmen zu leben. Menschen mit chronisch rücksichtslosen Verhaltensmustern, die egozentrisch und ohne Mitgefühl in der Welt unterwegs sind. Menschen, die ihre eigenen Ziele rücksichtslos durchsetzen.
Manchmal sind es genau diese Menschen, die uns auch beeindrucken durch ihr schnelles, selbstbestimmtes Verhalten. Im beruflichen Bereich können sie durchaus sehr erfolgreich sein, und zwar überall dort, wo Risikobereitschaft und Angstfreiheit erforderlich sind. Und dies trifft nicht nur zu für Sportler:innen, Artist:innen und im Hochbau Tätige. Es sind überaus „coole Typen“, männliche wie weibliche, die auch erotisch ungewöhnlich anziehend sein können.
Manchmal könnte man sogar meinen, der Stoff, aus dem die Heldinnen und Helden sind, sei der gleiche Stoff, aus dem die Rücksichtslosen sind. Menschen, denen die soziale Ader fehlt, stürmen in der Regel ohne großen Plan, durchaus beeindruckend erfolgreich, auf ihre Ziele zu. Sie denken nicht lange über mögliche negative Konsequenzen nach. Gleichzeitig fühlen sie sich jedoch in keiner Weise gebunden durch irgendeine Art von Loyalität gegenüber den Menschen oder Gruppen, denen sie angehören. „Legal, illegal, schei…egal“, das scheint ihre innere Devise zu sein, wenn sie ein Ziel erreichen möchten.
Hat ein Mensch nicht nur ein überwiegend positives, anziehendes Charisma, sondern auch eine erhebliche Ausprägung antisozialer Verhaltensweisen, kannst du viele der folgenden Eigenschaften und Verhaltensweisen, bei ihr oder ihm entdecken:
Nicht umsonst werden dafür folgende psychotherapeutischen Fachbegriffe verwendet:
Um einschätzen zu können, ob du in deiner Partnerschaft mit einer Verbesserung rechnen kannst, wenn du lernst, deine Wünsche und deine Grenzen klarer und deutlicher zu kommunizieren, solltest du ein realistisches Bild von deinem Gegenüber haben. Oft liegt der Unterschied zwischen einer anziehenden, kraftvoll, spontan und gesund unabhängigen, angstfrei handelnden Person und einer pathologisch rücksichtslos handelnden Person nahe beieinander.
Die professionellen Kriterien für ein behandlungsbedürftiges, dauerhaft sozial gestörtes Verhalten sind folgende: Mindestens drei der nachfolgend beschriebenen Verhaltensweisen müssen dauerhaft (oft bereits ab dem 15. Lebensjahr bis ins Erwachsenenalter hinein) vorliegen, um aus psychotherapeutischer Sicht die Indikation einer Behandlungsbedürftigkeit zu stellen:
Kommt noch eine andauernde Reizbarkeit hinzu, bestätigt das zusätzlich die Behandlungsbedürftigkeit.
Vor diesem Hintergrund wird es niemals dauerhaft möglich sein, dass sich alles wieder von alleine einrenken wird, wenn wieder einmal unangemessenes, egoistisches, aggressives oder gar gewalttätiges Verhalten stattgefunden hat.
Und nein, auch durch deine Liebe wird sie oder er nicht plötzlich zu einem anderen Menschen.
Deshalb: Sei rücksichtsvoll dir selbst gegenüber.
Bei aller Faszination, bei allem Charisma – bestehe darauf, gesehen zu werden.
Bei aller Faszination, bei allem Charisma – bestehe darauf, gehört zu werden.
Bei aller Faszination, bei allem Charisma – bestehe darauf, geliebt zu werden.
Sollte das deinem Gegenüber nicht dauerhaft möglich sein UND ist sie oder er nicht bereit zu einer tiefgreifenden, professionell unterstützten Arbeit an sich, dann entscheide dich für eine gesunde Trennung, aus Rücksicht dir selbst gegenüber.
Entscheide dich dafür, dich zu sehen.
Entscheide dich dafür, dich zu hören.
Entscheide dich dafür, dich zu lieben.
Entscheide dich für Lebensfreude!
Dein Gert Kowarowsky
… ist die psychotherapeutische Kolumne mit Inspirationen für deine Lebensgestaltung und den Umgang mit schwierigen Lebensthemen. Du findest alle Teile der Kolumne und mehr über den Autor Gert Kowarowsky hier.
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