Haben Sie Angst, im Mittelpunkt zu stehen, was andere über Sie denken könnten? Schüchternheit kann uns hemmen und innerlich einengen. In diesem ABC-Beitrag erfahren Sie Wissenswertes zum Umgang mit Schüchternheit.
Ob wir schüchtern sind oder nicht, lässt sich unter anderem anhand folgender Fragen beantworten:
Wenn Sie diese oder ähnliche Fragen mit "ja" beantworten, sind Sie vermutlich schüchtern. Schüchternheit ist eine Eigenschaft, die wir meist übergreifend zeigen. Schüchterne Menschen haben tendenziell ein geringeres Selbstwertgefühl und -vertrauen und denken eher negativ von sich.
Ein weiterer Begriff, der in diesem Zusammenhang oft fällt, ist die soziale Angst oder soziale Phobie. Der Unterschied zwischen Schüchternheit und sozialer Phobie ist eher quantitativ.
Menschen, die unter einer sozialen Phobie leiden, sind noch stärker in ihrem Leben eingeschränkt als schüchterne Menschen. Sie haben ausgeprägtere Ängste im zwischenmenschlichen Bereich, vor allem in spezifischen Situationen, und Schwierigkeiten, ihren Alltag zu bewältigen (z. B. in der Öffentlichkeit zu sprechen, zu essen, zu trinken, vor anderen zu schreiben, sich evtl. sogar mit Menschen zu treffen, einkaufen zu gehen etc.). Auch leiden sie noch mehr unter ihren körperlichen Beschwerden.
Schüchterne Menschen leiden bis zu einem gewissen Grad darunter, dass sie sozial eingeschränkt sind, können aber etwas dagegen tun. Introversion ist eine Veranlagung, die mit Schüchternheit einhergehen kann, aber nicht muss. Introvertierte können die Gegenwart anderer genießen, ebenso wie das dosierte im Mittelpunkt stehen oder sich etwas Neuem zu öffnen, haben aber ein stärkeres Bedürfnis nach Einkehr, Alleinsein, Ruhe und Rückzug als extravertierte Menschen. Sie erleben diese Neigung in der Regel nicht als Belastung, sondern sind damit im Einklang.
Bei ängstlich-vermeidender Persönlichkeit sind die Betroffenen sozial noch stärker eingeschränkt als bei der sozialen Phobie. Das Erleben von Scham, Unsicherheit und Kontakthemmung aufgrund der Angst vor Kritik sind universell und an die Persönlichkeit geknüpft.
Schüchternheit zeigt sich in vier Bereichen:
Betroffene quälen sich mit der Sorge, dass andere schlecht über sie denken könnten. Sie fordern von sich Fehlerlosigkeit und Perfektion. Sie beschäftigen sich stark mit sich selbst und ihrer Außenwirkung, anstatt ihre Aufmerksamkeit dem momentanen Geschehen zu widmen. Sie haben eine schlechte Meinung von sich und glauben, sich mit ihrem Verhalten und ihrer Person lächerlich zu machen, und haben deshalb Angst, abgelehnt zu werden. Sie neigen zum Grübeln.
Ein Beispiel: Sie halten zum ersten Mal einen längeren Workshop vor einer größeren Menschenmenge. Der Gedanke daran beschäftigt Sie schon im Vorfeld. Sie bereiten sich sehr gut vor, um ja nichts falsch zu machen. Während des Workshops fragen Sie sich, ob es den Teilnehmenden wohl gefällt, und was sie über Sie denken. Nach dem Workshop grübeln Sie noch länger darüber nach.
Betroffene verspüren Unsicherheit, Hemmungen und Angst.
Ein Beispiel: Sie fühlen sich bereits im Vorfeld des Workshops ängstlich. In der Situation selbst sind Sie unsicher und gestresst.
Da schüchterne Menschen unbekannte zwischenmenschliche Situationen eher als eine Bedrohung ansehen, reagiert ihr Körper mit typischen Stressreaktionen (z.B. beschleunigtem Puls, Herzrasen, Leere im Kopf, feuchte Hände, Beschleunigung der Atmung, Muskelanspannung, Erweiterung der Gefäße (insbesondere im Gesicht, was dann zum Erröten führt), Zittern und Frieren, Kloß im Hals, Harndrang, Beklemmungsgefühle, Übelkeit, Schwindel).
Ein Beispiel: Während des Workshops haben Sie eine beschleunigte Herzfrequenz, feucht-kalte Hände, werden rot und der Magen zieht sich zusammen.
Betroffene meiden je nach Grad der Schüchternheit Situationen, in denen sie befürchten, sich lächerlich machen zu können, oder sie treten sie mit ausgeprägtem Lampenfieber an. Sie verzichten auf Forderungen, halten mit ihrer Meinung eher hinter dem Berg, erzählen wenig oder nichts von sich, sind allerdings eher gute Zuhörende und stellen Fragen, verbergen tendenziell ihre Gefühle, nehmen weniger oder sogar keinen Kontakt auf oder ziehen sich generell eher zurück. Sie versuchen auch manchmal, ihre Unsicherheit hinter einer coolen Fassade zu verstecken und wirken dadurch arrogant und überheblich.
Ein Beispiel: Sie verhalten sich während des Workshops schüchtern und zurückhaltend, sprechen mit leiser Stimme und überlassen eher dem Publikum das Feld.
Schüchternheit übernehmen wir von den Eltern oder erlernen sie. Es wird von einer vererbten Komponente ausgegangen.
Der Erziehungsstil der Eltern und die Erfahrung mit Gleichaltrigen spielen eine große Rolle. So haben betroffene Kinder das ängstliche Verhalten bei ihren Eltern beobachtet, sie wurden überbehütet oder besonders streng erzogen. In gewissen Altersstufen ist Schüchternheit völlig normal. Schüchternheit kann sich auch später noch entwickeln, z.B. wenn wir im Jugend- oder sogar Erwachsenenalter die Erfahrung machen, ausgegrenzt zu werden und uns das veranlasst, über uns zu zweifeln. Mit zunehmendem Alter kann die Schüchternheit nachlassen.
Entsprechende Lernerfahrungen speichern Betroffene in Form von negativen Einstellungen und Bildern ab. Sie haben Katastrophenerwartungen: "Die oder der andere wird mich ablehnen, das kann ich nicht ertragen" und eine negatives Selbstbild: "Ich bin nicht in Ordnung; mit mir stimmt etwas nicht." Beides erzeugt Angst.
Es gibt unterschiedliche Folgen von Schüchternheit.
Schüchternheit ist nicht in Stein gemeißelt. Wir können etwas daran ändern. Nicht immer allerdings müssen wir das: Wenn die Schüchternheit zum Beispiel nicht so stark ausgeprägt ist, wir sie als Teil von uns integriert haben, ohne uns allzu eingeschränkt zu fühlen, oder wir nicht wirklich unter ihr leiden.
Wenn Ängste und Einschränkungen uns aber deutlich in unserer Lebensführung und -qualität beeinträchtigen, z. B. wenn wir wenig Anschluss oder nur schwer einen Partner oder eine Partnerin finden, unser Handlungsradius deutlich eingeschränkt ist und wir uns auch beruflich eingeschränkt fühlen, ist es sinnvoll, dass wir daran arbeiten.
Aus einem schüchternen Menschen wird allerdings nur selten ein arenafüllender Alleinunterhalter. Doch können Schüchterne ihre sozialen Fähigkeiten erweitern und verbessern. Sie können ihr Selbstvertrauen stärken und lernen, sich ungezwungener in Gegenwart anderer zu fühlen, ihre Meinung zu äußern und ihre Rechte einzufordern.
Denken Sie Ihre Katastrophenerwartung bis zum Ende weiter: Was könnte schlimmstenfalls passieren? Bin ich wirklich in Lebensgefahr? Was könnte ich verlieren, wenn ich nicht in die Situation gehe, was könnte ich gewinnen ? kurzfristig und langfristig? Nehmen Sie Ihre Gedanken und Glaubenssätze ins Visier und wandeln Sie sie in Positive um. Wir können lernen, in unserer Schüchternheit auch eine Stärke sehen und sie für uns nutzen.
In dem Maße, in dem Sie sich akzeptieren lernen, sind Sie auch weniger schüchtern. Sie können lernen, die Überzeugung zu entwickeln, dass Sie ein liebenswerter Mensch sind und auch anderen etwas zu bieten haben. Dafür können Sie sich täglich selbstbejahende Sätze sagen wie „Ich habe viele Stärken“ und auch Ihnen nahestehende Menschen fragen, was sie an Ihnen mögen.
Malen Sie sich möglichst lebendig aus, wie Sie ruhig auf andere zugehen und ein Gespräch beginnen. Je eher Sie sich in der Rolle eines gelassenen und selbstbewussten Menschen sehen, desto einfacher gelingt es Ihnen, selbstbewusst aufzutreten. Dafür können Sie bewusst Affirmationen wählen, die Ihnen dabei helfen, sich täglich auf "Erfolgskurs" zu programmieren, z. B.: "Ich bin selbstbewusst und gehe auf andere zu." Auch eine regelmäßig ausgeübte Meditation mit Visualisierung, z. B. wie wir eine Situation meistern, kann unterstützend wirken. Dafür benötigen wir aber etwas Übung.
Nehmen Sie Blickkontakt auf und halten Sie ihn. Lächeln Sie immer wieder einmal freundlich. So signalisieren Sie anderen, dass Sie Kontakt wünschen. Sie selbst fühlen sich mit einer veränderten Körpersprache sicherer und wohler. Dafür können Sie auch am Tag mal bewusst in den Körper hineinspüren und sich mit ihm verbinden: Welche Haltung nehme ich gerade ein? Wo fühle ich mich vielleicht angespannt? Halte ich mich aufrecht? Wie geht es mir physisch? Bin ich über meine Füße geerdet? Nehme ich Blickkontakt auf? Welche Gesten zeige ich? Und welche zeige ich nicht?
Stellen Sie sich kleine Aufgaben, die Sie dann auch ausführen. Nur durch Übung können Sie lernen, selbstbewusster aufzutreten und sich freier zu fühlen. Es hilft also, wenn wir nach und nach aus unserer Komfortzone gehen (z. B. mal alleine eine Veranstaltung besuchen oder auf eine Person zugehen, jemanden anlächeln, in Socialen Medien sichtbar werden etc.). Professionelle Begleitung kann unter anderem dabei hilfreich sein.
Je mehr Sie sich schämen, schüchtern und gehemmt zu sein, desto schüchterner und verkrampfter sind Sie. Deshalb: Lernen Sie, sich mit Ihrer Schüchternheit anzunehmen. Schüchtern zu sein ist keine Schande und nichts, wofür wir uns verurteilen müssen. Statt zu bewerten, können wir uns also darin üben, einfach zu beobachten, wie es uns geht, und sagen: "Es ist in Ordnung!"
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